Vor 10 Jahren haben Ralf und Holger Henrich ihren ersten Whisky herausgebracht. Wenn das kein Anlass für eine Jubiläumsabfüllung ist! Gilors No.1 haben die beiden stolzen Whiskyväter den besonderen Single Malt genannt, den sie beim Tag der Offenen Tür der Brennerei Henrich am 8. Oktober 2022 vorstellten. An diesem Tag habe ich es leider nicht ins hessische Kriftel geschafft, aber gestern habe ich die Brennerei besucht und konnte auch den Gilors No.1 probieren.
Zunächst muss ich gestehen: Anlass meines Besuches war nicht der Whisky, denn eigentlich stand an diesem Tag der Obsthof am Berg in meinem Fokus und nicht die Brennerei Henrich. Beides befindet sich aber auf demselben Gelände und beides liegt in den Händen der Brüder Ralf und Holger. Holger war gerade in den wohlverdienten Urlaub gestartet, aber Ralf empfing mich und Friedemann Ohnmacht. Recherche und Fotos für ein neues Buch….
Ursprünglich wurde das Familienunternehmen 1970 vom Großvater als Obstbaubetrieb gegründet. Damals stand zunächst der Apfelanbau für den Frischobstmarkt im Fokus, bevor die Produktion von Apfelsaft und Apfelwein dazukam. Horst Henrich, zweite Generation auf dem Hof, erwarb bereits ein kleines Brennrecht, doch erst Ralf und Holger stellten den Betrieb mit dem Einrichten einer Verschlussbrennerei 2005 auf das zweite Standbein Brände und vor allem Gilors Whisky. Ich habe im Blog bereits über einige ihrer Abfüllungen berichtet (siehe hier oder hier).
Zum Gilors No.1
Nachdem wir uns ausgiebig den Äpfeln und den Erzeugnissen daraus gewidmet hatten, kam selbstverständlich noch der Gilors No.1 ins Glas. „No.1“ zu Ehren des Jubiläums und weil in ihm Anteile des ersten Gilors-Whiskys enthalten sind.
Ralf hat für diese Edition Whisky der Destillationsjahre 2008, 2009 und 2010 ausgewählt, der in einem Portweinfass und drei verschiedenen kleinen Sherryfässern lagerte. Nach der Vermählung durfte er für zwei Jahre in zwei Bourbonfässern weiterreifen. Abgefüllt wurde in der natürlichen Fassstärke von 55,1% vol. Natürlich ungefärbt und ohne Kältefiltration.
Beim Preis musste ich erst einmal kräftig durchatmen: 149 Euro für eine 0,5-Liter-Flasche sind eine Ansage. Okay, ich weiß, kleinste Mengen (es gibt nur 500 Flaschen dieser Abfüllung), absolute Handarbeit im 2-Mann-Betrieb und ein für deutsche Verhältnisse sehr lange gereifter Whisky. Und wer die Halbliterflasche kauft, bekommt ein 5-cl-Sample zum Probieren dazu. Schließlich ist der Whisky nicht nur zum Sammeln da.
Meine Tastingnotes für den Gilors No.1
Was letztlich zählt, ist der Geschmack, also hinein ins Glas mit dem Whisky. Was für eine tiefe, goldbraune Farbe. Bernstein.
Ebenso kräftig wie die Farbe ist der Duft, der mir in die Nase steigt: Malzbonbons, süßer PX-Sherry, Kräuter, geröstetes Malz, Espresso. Die Nase verheißt kräftige Aromen und die zeigen sich am Gaumen sofort. Ein gaumenfüllender, dunkler Dram. Dunkel nicht nur von der Farbe, sondern im übertragenen Sinn auch von der Aromatik her. Demerara-Zucker. Gebrannte Mandeln, wieder diese Malzbonbons und der bittersüße Espresso. Liebstöckel-Noten wie man sie gerne einmal bei Sherry-Whiskys findet. Alles sehr geschmeidig, sehr rund und harmonisch, die hohe Alkoholstärke merkt man kaum. „A ganze Gosch voll“ kräftiger Geschmack, der bei mir Erinnerungen an die Verkostung des 10-jährigen Gilors anklingen ließ. Ein Fest für Freunde heftiger Sherry-Whiskys!
Der Gilors No.1 klingt noch lange süß-würzig am Gaumen nach, während Friedemann und ich uns wieder auf den Heimweg machen.
Danke dir, Ralf, für die ausgiebige und total interessante Betriebsführung und dafür, dass du dir an einem Samstag soviel Zeit für uns genommen hast. Und danke dir, Friedemann, für das Überlassen einiger Bilder.