Gilors Single Malt Whisky – die neuen Abfüllungen

Im hessischen Städtchen Kriftel haben sich die Brüder Ralf und Holger Henrich seit über 10 Jahren intensiv der Herstellung ihres Gilors Single Malt Whiskys verschrieben. Auch der Verarbeitung regionalen Obstes widmen sie sich nach wie vor in ihrem Familienbetrieb und in den letzten Jahren sind sie auch mit ihren Gins sehr erfolgreich. Doch seit 2005 eine Verschlussbrennerei installiert wurde, haben sie die Arbeit immer mehr auf diesen Bereich verlagert.

Jüngst sind die neuen Batches des Gilors erschienen und Ralf und Holger haben mir ein Samplepaket zum Probieren zukommen lassen. Ich verfolge die Entwicklung ihres Whiskys schon seit etlichen Jahren und war gespannt auf diese diesjährigen Editionen. Vier neue Whiskys haben sie vor kurzem herausgebracht und dafür wieder unterschiedliche Fassreifungen herausgesucht. Auch die Freunde getorfter Whiskys kommen nicht zu kurz: Neben nichtrauchigem Whisky aus ungetorftem deutschen Malz haben die Henrichs auch Whisky aus getorftem schottischen Malz im Angebot.

Gilors Portweinfass 2021

Destilliert Nov 2015 / Abgefüllt Jan 2021 / 43% vol
Über sechs Jahre in einem Ex-Portweinfass – das hat deutliche Spuren hinterlassen.
In der Nase habe ich süß-säuerliche Frucht, denke an Sauerkirsche, dunkle Schokolade. Eiche ist absolut präsent.
Am Gaumen treffe ich die Kirschen wieder, aber auch rote Johannisbeere. Überhaupt sind die fruchtigen Aromen neben den würzigen Fassaromen sehr dominant. Süße kommt nicht so stark durch, ich empfinde ihn als sehr „gradlinigen“ Whisky mit relativ kurzem Nachklang.

Gilors Sherry Duett (PX & Oloroso)

Destilliert 2013 und 2014 / Abgefüllt Mai 2021 / 46,4% vol
Whisky aus PX und Oloroso Sherryfässern wurde hier vermählt.
In der Nase überrascht er mich erst einmal und bleibt zurückhaltender, als ich vermutet hätte. Weich, irgendwie dunkel, Frucht entwickelt sich und bewegt sich irgendwo zwischen süßer Kirsche und roten Stachelbeeren.
Am Gaumen bleibt die Frucht dann eher im Hintergrund und macht einem starken Auftritt mit deutlichen Sherrynoten, viel Würzigkeit der Eiche, Gewürznelken und Rumrosinen Platz. Ein sehr weiches Mundgefühl.
Im Nachklang kommt eine leichte Bitterkeit auf, der Gaumen wird sehr trocken.

Gilors Madeira Fass Peated

Destilliert 2016 / Abgefüllt Mai 2021 / 45,3% vol
Destillat aus getorftem Malz lagerte vier Jahre in einem Ex-Madeirafass.
Oh, die Nase ist sowas von ungewöhnlich. Asche. Naphtalin. Wo ist der Madeira? Der Spirit hat absolut die Macht übernommen.
Am Gaumen bleibt die Asche dominant, aber sie ist sehr süß. Die Eichenoten sind sehr intensiv, die Tannine schlagen durch. Ich ahne dahinter rote Trauben, aber sie können sich nicht durchsetzen.
Im Nachklang – ihr ahnt es – immer noch diese Aschigkeit und herbe Holznoten

Gilors Peated Fassstärke

Destilliert 2012 und 2013 / Abgefüllt Mai 2021 / 54,9%
Mehr als acht Jahre im Bourbonfass also. Ich bin ein Bourbonfass-Fan und entsprechend gespannt.
In der Nase schonmal leichter Rauch. Ansonsten eigentlich kaum etwas.
Am Gaumen überfällt mich sofort frischer Teer, klebrig, phenolig, aschig. Dazu kommt eine deutliche Süße. Aber die Süße ist auch so ziemlich alles, was das Fass hier zu melden hat. Wer Vanille sucht oder Frucht, sucht vergeblich. Den Alkohol empfinde ich gar nicht als so hoch, den überdeckt vermutlich diese Phenolwucht…
Das Finish ist lang, sehr lang. Diesen Teer am Gaumen werdet ihr so bald nicht los, der gehört ganz hinten ans Ende eines Tastings, danach geht nichts anderes mehr. Nein, auch kein Octomore.

Mein Fazit

Absolut gespalten. Ich liebe eigentlich getorfte Whiskys, aber mit der ganz eigenen Teerigkeit/Aschigkeit des Gilors bin ich noch nie so ganz klar gekommen. Die ist absolut individuell, jeder sollte einen Peated Gilors mal probiert haben. Ob man ihn dann mag oder nicht, sei dahingestellt. Da scheiden sich die Geister sehr stark, wie beispielsweise auch bei der Dreifaltigkeit von Säntis.
Die Port- und Sherryabfüllungen bringen eine sehr große süß-säuerliche Fruchtigkeit herüber und Würzigkeit. Eine schöne, gradlinige Aromatik, die ich mir auch sehr gut als Begleiter zu manchem Dessert vorstellen kann.

Vielen Dank, Ralf und Holger, für die Proben. Ich freue mich, dass ich auf dem Laufenden bleiben kann, was ihr da so alles zaubert in eurem Betrieb. Irgendwann muss ich wirklich mal vorbeikommen, steht schon lange auf meiner To-Do-Liste.