Ostfriesenwhisky – was ist das denn?

Der Ostfriesenwhisky wurde mir von Andrej Horn vorgestellt. Ob ich nicht vielleicht Interesse hätte, diesen Ostfriesenwhisky zu probieren, fragte er per Mail an. Er betreibt mit dem Alkohol-Kaufhaus einen kleinen Online-Shop mit Sitz in Emden und engagiert sich sehr für die Produkte der Friesenwhisky eG. Nun kann ich nicht alle erscheinenden Whiskys verkosten. Aber hier wurde ich neugierig. Ostfriesenwhisky? Gibt es denn Whisky aus Ostfriesland? Eine neue deutsche Brennerei, von der ich noch nichts gehört habe? Ich beschloss, mich schlau zu machen und begann zu googeln.

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Der Ostfriesenwhisky hat eine internationale Vita

Anders als ich zunächst vermutete handelt es sich beim Ostfriesenwhisky nicht um einen deutschen Whisky. Er ist also kein „Ostfrieslandwhisky“. Vielmehr ist der Ostfriesenwhisky das Herzensprojekt von sechs ostfriesischen Whiskyfreunden. Sie hatten den Wunsch, einen eigenen Whisky herauszubringen. Basis sollte ein eingekaufter und dann veredelter Whisky sein und so begannen sie zu verkosten. Die deutschen Whiskys, die sie in die Auswahl nahmen, konnten sie nicht überzeugen. Bei der Suche unter schottischen Blends, Single Malts und Grains kamen einige in die engere Auswahl. Schon tendierten sie zu einem Single Malt, da kam ihnen ein vier Jahre alter Kentucky Straight Bourbon Whiskey ins Glas, der sie alle überzeugte.

Dieser Bourbon machte sich also auf den Weg nach Ostfriesland, um dort durch eine Nachreifung in speziellen Fässern zum individuellen Ostfriesen Whisky zu werden. Bei einer Weinprobe auf Mallorca stießen unsere Whiskymacher in der Bodegas Bordoy auf Weinfässer, die in Frankreich gefertigt worden waren und in denen die Spanier hier ihren Wein lagerten. Auch diese Fässer wurden nach Ostfriesland verschifft. Bevor sie den Bourbon aufnehmen durften, wurden sie noch einer besonderen Zwischenbehandlung unterzogen: Karibischer Rum lagerte zunächst noch darin.

Transparente Infos zum Ostfriesen Whisky

Um ihr Projekt „Whisky aus Ostfriesland“ in die Tat umsetzen zu können, haben die sechs Gründerväter des Ostfriesenwhiskys eine Genossenschaft gebildet. Sie begaben sich unter das Dach des Genossenschaftsverbandes Weser-Ems. Übrigens ist der Ostfriesenwhisky nicht so neu wie ich erst dachte. Es gibt ihn wohl schon gut zwei Jahre, er ging nur bisher komplett an mir vorbei. Auch eine fassstarke Edition kam heraus, Ostfriesenwhisky Cask Strength. Ebenso erschienen der Rum, der zum Seasoning der Fässer benutzt wurde, und weitere Spirituosen.

Soweit zu den Infos, die ich auf der Webseite Friesenwhisky.de gefunden habe. Ostfriesenwhisky kaufen kann man über die Homepage aber nicht, soweit ich gesehen habe, dazu muss man den Internetshop  Alkohol-Kaufhaus aufsuchen. Man gestaltet auf der Homepage alles transparent. Auch auf der Flasche wird nicht verschleiert, dass der Whisky nicht in Ostfriesland gebrannt wird. „Veredelt und abgefüllt in Ostfriesland“ heißt es auf der Vorderseite, auf dem rückwärtigen Label ist „Distilled in the USA“ aber prominent aufgeführt. Warum man sich mit einer englischen Beschreibung auf dem Label versucht hat, kann ich nur schwer nachvollziehen. Sonst legt man doch Wert auf die Betonung des heimatlichen Charakters. Und der in kleinen Chargen hergestellte Ostfriesenwhisky wohl kaum exportiert werden. Aber damit sind sie ja in bester Gesellschaft vieler deutscher Brennereien. Und vielleicht ist es ja dem Gedanken geschuldet, dass ein Ostfriesenwhisky auch für ausländische Touristen als Mitbringsel attraktiv sein kann.

 

Wenn jemand seine Träume nicht nur pflegt, sondern auch einfach einmal in die Tat umsetzt, kann ich dem nur Respekt zollen. Und solche ungewöhnlichen kleinen Do-It-Yourself-Projekte finde ich immer spannend. Auch einige heute sehr bekannte und große Brennereien haben einmal so angefangen. So habe ich Andrej Horn also signalisiert, dass ich mir den Ostfriesenwhisky gerne einmal anschaue. Und hier sind sie nun, meine Tastingnotes.

Wie schmeckt Ostfriesenwhisky? – Meine Tastingnotes

Abgefüllt mit 46% vol

Farbe: ein sattes, tiefgoldenes Bernstein

In der Nase: Eine deutliche Alkoholnote, wie ich sie von Bourbons kenne. Viel Vanille, Waldhonig, auch viel Eiche. Soweit Aromen, die ich vom Bourbon her nachvollziehen kann, doch dann machen sich starke fruchtige Noten breit, Aprikose, Ananas, Sauerkirsche. Die Süße des Waldhonigs geht über in Malzbonbons. Ein Hauch von Rauch lässt sich ahnen, aber auch wirklich nur ein Hauch. Der Alkohol kommt immer wieder durch.

Am Gaumen: Zu Beginn würzig mit leicht pfeffriger Note, aber schon bald nur noch weich, süß und fruchtig. Kokos, Ananas, Banane – da hat der Rum eindeutig seine Spuren hinterlassen. Krokant, gebrannte Mandel mit viel Karamellkruste kommen mir in den Sinn, um die Süße zu beschreiben, die sich cremig ausbreitet. Die Weinfässer selbst machen sich hier kaum bemerkbar. Gewürze müsste ich suchen. Der Alkohol, der in der Nase auffällt, stört am Gaumen nicht.

Das Finish ist eine recht kurze Angelegenheit. Allenfalls trockene Eichenoten klingen nach.

Mein Fazit

Wenn man mich gefragt hätte, wie ich mir einen Ostfriesenwhisky vorstellen würde, dann hätte ich vermutlich auf raue Noten getippt, auf Salz und Mineraligkeit. Vielleicht hätte ich an Tee gedacht oder an grasige Noten. Diese große Süße, diese eindeutigen exotischen Rum-Noten hätte ich wohl nicht erwartet. Aber vielleicht haben ja die Whiskymacher bei der Kreation ihres Ostfriesenwhiskys an Grog oder Tee mit Rum, gedacht?
Er ist ein kleiner Süßer, der Ostfriesenwhisky, ein Schmeichler. Ein Bourbon mit einem ganz klaren Hang zum Rum. Ein Dessertwhisky. Mir persönlich zu schmeichelnd und etwas zu süß, aber das ist meine Meinung und gerade dieses Aromenbild wird viele andere sicher erfreuen. Auf jeden Fall muss sich dieser Ostfriesenwhisky nicht verstecken.

Offenlegung: Vielen Dank an Andrej Horn vom Alkohol-Kaufhaus für das kostenlose Überlassen der Testflasche. Eine Einflussnahme auf einen möglichen Bericht über den Whisky erfolgte nicht, es ist auch kein Geld geflossen, nur der Whisky. Ich schreibe trotzdem ganz brav Werbung über den Beitrag.