Glenmorangie A Tale of the Forest im Glas – Ein Waldspaziergang?

Mit dem Glenmorangie A Tale of the Forest will die Brennerei den Wald erwecken. So jedenfalls verheißt es die Pressemitteilung, die dem eingetroffenen Sample beiliegt. Und sie spricht von der Experimentierfreude der Brennerei.

Ja, er experimentiert gerne, der Director of Whisky Creation von Glenmorangie. Oft sind es die Fässer, mit denen Dr. Bill Lumsden besondere Glenmorangie-Abfüllungen zaubert. Beim A Tale of Cake beispielsweise waren es Tokajer-Fässer, die dem Whisky ein Finish verliehen, beim A Tale of Winter Marsala-Fässer. Aber er widmet sich auch wilder Hefe (Glenmorangie Allta) oder unüblichen Gerstensorten (Glenmorangie Tùsail). Ich lasse mich gerne auf solche kleinen Seitensprünge von üblichen Whisky-Wegen ein.

Um Dr. Lumsdens Tatendrang den nötigen Raum zu schaffen, hat Glenmorangie im vergangenen Jahr auf dem Brennereigelände sogar eine eigene Versuchsbrennerei eröffnet, das „Lighthouse“, in dem unterschiedlichste Brau- und Brennvorgänge inszeniert werden können. Bis wir die Ergebnisse dieser neuen experimentellen Brennerei umgesetzt als neue Abfüllungen vor uns haben, werden noch einige Jahre vergehen. Und bei der Entwicklung des neuen A Tale of the Forest hätte wohl das Lighthouse als Experimentallabor alleine nicht genügt. Was es dort nämlich nicht gibt (soviel ich weiß), ist eine Mälzerei und gerade das Mälzen spielte beim neuen Glenmorangie eine besondere Rolle.

Die Gerste über besonderem Feuer gedarrt

Warum nicht einmal das Gerstenmalz nach alter Methode über einem Feuer trocknen, das mit Holz, Pflanzen und Botanicals betrieben wird? Sollten sich so nicht vielleicht die Aromen des Waldes einfangen lassen? Kiefernnadeln, Wacholder, Birkenrinde, Heidekraut, Moos, Torf – Dr. Bill Lumsden startete Versuchsreihen und der aus diesem Malz produzierte New Make (wurde die Maische eigentlich rein aus diesem Malz angesetzt oder wurde es nur zu einem Teil dem „normalen“ Malz beigemischt?) kam zur Lagerung in Bourbon-Fässer. Etliche der Fässer waren Refill-Fässer, erfahren wir aus der Pressemitteilung, um den Waldaromen Raum zu lassen. Wie lange der Whisky lagerte, wird indes nicht enthüllt.

Was kann ich nun also erwarten von diesem Glenmorangie? Kann er mich sensorisch auf einen Waldspaziergang entführen oder mir davon zumindest Geschichten erzählen? Werde ich gleich von Kiefernduft überwältigt und dank Botanicals eher an einen Gin als an einen Whisky denken?

Meine Tastingnotes zum Glenmorangie A Tale of a Forest

In der Nase begrüßen mich Butterkekse, Malz und etwas Honig. Allmählich zeigen sich florale Aromen und eine zarte Würzigkeit. Kirschkompott und gedämpfter Apfel schwingen als dunkelfruchtige Basisnote durch. Rauch? Ganz in der Ferne. Gerade so zu ahnen. Insgesamt ein eher ruhiger, vollmundiger Vertreter ohne besonders hervortretende Aromen.

Am Gaumen öffnet sich der Whisky dann und gibt Holznoten, Vanille, geröstetem Malz und Orangenfudge Raum. Da ist am Gaumen wie in der Nase dieser gedämpfte Apfel. Was assoziiere ich noch … Strohballen? Geröstete Maronen? Schwer greifbar. Da ist jedenfalls eine dunkle florale Note. Dann stellt sich ein frischer Ton ein, den man als Eukalyptus oder auch als Kiefernnadeln deuten könnte. Oder doch eher grüner Tabak? Eine feine Rauchigkeit macht sich im Nachklang bemerkbar, wenn ich den Mund leicht öffne und Luft hinein ziehe.

Mein Fazit fällt ein wenig zurückhaltender aus als Glenmorangie den Tale of the Forest anpreist. Liegt es daran, dass ich viel mehr Waldduft und Rauch erwartet hatte und nun fast ein wenig enttäuscht bin? Als Ginliebhaberin bin ich vielleicht was Botanicals angeht einfach schon zu desensibilisiert…. Der Tale of a Forest hat einen speziellen Touch, keine Frage. In dieser Hinsicht ist das Experiment gelungen. Aber auf einen Waldspaziergang nimmt er mich irgendwie nicht mit.