Wer ist Maris? Glenmorangie Tùsail im Glas

TusailSie heißen Sonnalta PX, Finealta, Artein, Ealanta, Companta und jetzt: Tùsail. Seit 2010 bringt Glenmorangie jedes Jahr eine Abfüllung als sogenannte Private Edition heraus. Immer lag der Fokus dabei bisher auf der Fasslagerung, um unterschiedliche geschmackliche Profile zu präsentieren. Mal Sherryfässer, mal Virgin Oak, mal Rotwein-, mal Südweinfässer – wir lassen uns jedes Jahr gerne überraschen, was denn wohl aus Bill Lumsdens Kreativlager ans Licht kommt.

Gerstensorte Maris Otter für Glenmorangie Tusail

Dieses Jahr nun schlägt Glenmorangie einen Kurswechsel ein: Nicht das Holz steht im Mittelpunkt beim neuen Glenmorangie Tùsail und wird als geschmacksprägender Faktor in der Pressemitteilung präsentiert, sondern die verwendete Gerstensorte. Maris Otter heißt sie und war nach ihrer Züchtung 1966 lange Zeit sehr beliebt bei den Bierbrauern, was auf ihren niedrigen Stickstoffgehalt und ein reiches Aromenprofil im Zusammenspiel mit unkomplizierter Führung im Brauprozess zurückzuführen ist. Dann kamen irgendwann ertragsreichere Gerstensorten auf den Markt, zu denen viele Brauer aus ökonomischen Gründen wechselten. Als Maris Otter durch Fremdbestäubungen der Verlust der Sortenreinheit drohte, erwarb ein Konsortium britischer Unternehmer die alleinigen Rechte an ihrer Vermarktung und rettete die Gerstensorte.
Zahlreiche Craftbeer-Brauer arbeiten heute wieder mit Maris Otter und Glenmorangie ist nicht die einzige Brennerei, die aus dieser Gerste Alkohol gewinnt. So postete beispielsweise die Strathearn Distillery als Reaktion auf die ersten Meldungen über den Tùsail bei Facebook die nette Bemerkung: „Nice to know that the big guys are following our lead. We’ve used nothing but Maris Otter since we started.” Für alle, die sich Maris Otter einmal genau anschauen möchte, füge ich ganz unten ein kleines Video ein, das im Maris-Otter-Channel auf YouTube erschienen ist.

Tusail im GlasUnd nun von der Gerste zum Whisky im Glas: Glenmorangie Tusail

In Ex-Bourbon reifte der Glenmorangie Tùsail (Tùsail ist gälisch für „ursprünglich, original“) heran, über die Lagerzeit erfahren wir in der Pressemitteilung leider ebenso wenig wie über die Auflage dieser limitierten Abfüllung, die nicht kältefiltriert wird und deshalb mit 46% Vol. in die Flasche kommt. Das geschmackliche Profil, das beschrieben wird, lässt mich gespannt dasSample öffnen, das mir Moet-Hennessy übersandt hat.

 

Farbe: Helles Gold

Geruch: Sahnekaramell, Fudge, Honig, aber nicht unbedingt sehr süß, warmes Getreide. Ein angenehmer, satter Geruch.

Geschmack: Gebrannte Mandel, Karamell. Da sind intensive Malz- und Röstaromen.Gedünstete Birne kommt leicht durch. Anklänge an Pfirsich und Bitterorange. Nelke? Muskat? Der Alkohol macht sich für 46% zunächst recht deutlich bemerkbar, dann weicht er einem sehr trockenen Gefühl auf der Zunge.

Nachklang: mittellang,  Röstaromen, trocken

Ein Whisky, der vor allem von seinen würzigen Karamell- und Malznoten lebt. Die weichen Fruchtaromen runden ihn ab, sind aber nicht dominat. Im Geschmack ist er „dunkler“ als in der Nase. Ein Glenmorangie, der eigentlich kein typischer Glenmorangie ist und sehr würzig herüberkommt. Ich hätte mir vielleicht ein etwas länger anhaltendes Geschmackserlebnis gewünscht, das außer den Röstaromen weitere Aromen nachklingen lässt. Das sei ihm angesichts seiner anzunehmenden Jugend verziehen. Ein sehr ordentlicher Whisky, der Glenmorangie einmal von einer anderen Seite präsentiert und in der Reihe der Private Edition eine Sonderrolle einnimmt, und der Glenmorangie Tusail auf meiner „wie schmeckt er mir“- Liste wohl mit 8 von 10 Punkten abschneiden würde.