Dithmarscher Whisky: Mit Kay Hoffmann beim Whisky-Deichspaziergang

Westerdeichstrich ist seit einiger Zeit kein weißer Fleck mehr in der deutschen Whiskylandschaft. Hoch oben an Deutschlands Nordseeküste, unweit von Büsum, ist Dithmarscher Whisky zu finden. Hinter dem Projekt steht Kay Hoffmann, der so manchem Whiskyliebhaber schon als Veranstalter der Messe  für deutschen Whisky in Wuppertal bekannt ist.

Bis vor einiger Zeit betrieb Kay in Wuppertal auch das Café Zweistein, eine gemütliche Kneipe mit einer riesigen Auswahl an deutschen Whiskys. Mittlerweile hat er das Zweistein in gute Hände weitergegeben und konzentriert sich ganz auf den Whisky. Er veranstaltet Tastings, bricht auf Whiskymessen eine Lanze für den deutschen Whisky und ist als Whiskybonder tätig. Zum einen bringt er einen Wuppertaler Whisky, den Bergischen Löwen, heraus und zum anderen zusammen mit Norbert Hötten den Dithmarscher Whisky.

Dithmarscher Whisky – „Geküsst von der Küste“

Whiskybonder? Gibt es das nicht nur in Irland? Offensichtlich nicht. Dem Beispiel etlicher irischer Whiskeyproduzenten folgend kauft Kay Hoffmann Destillate in verschiedenen Brennereien ein und blendet und lagert sie nach seinen Vorstellungen. Destillate deutscher Brennereien wohlgemerkt. Eine Dithmarscher Whiskybrennerei gibt es also nicht, wohl aber ein Lagerhaus hinter dem Deich im rauen Küstenklima. Denn das war die Intention, die Kay veranlasste, sich whiskymäßig auch in den Norden zu orientieren: Er wollte einen Whisky mit „coastal“ Charakter machen, mineralisch, salzig, jodig, und deshalb hier oben Fässer lagern.

Dieser Wunsch hat auch damit zu tun, dass Kay ursprünglich kein Wuppertaler ist, sondern aus Dithmarschen stammt und ihm seine Liebe zur Nordseeküste wohl im Blut liegt. Wer genau hinschaut, entdeckt einen direkten Bezug zu Kays Heimatstadt Heide im Logo des Dithmarschen Whisky: Der Drachen tötende Sankt Georg ist deren Stadtwappen entliehen.

Aus welchen Brennereien die New Makes für den Dithmarschen Whisky stammen, möchte Kay nicht aufschlüsseln, zum Teil darf er sie wohl auch nicht nennen. Sie variieren, verrät er, er blendet mehrere, bevor sie in die Fässer kommen. Natürlich musste er erst Erfahrungen sammeln und manches ausprobieren. Das gilt nicht nur für die Auswahl der Destillate, sondern auch für die der Fässer.

Warehouse-Café-Shop in Westerdeichstrich-Stinteck

Damit Dithmarscher Whisky auch hier vor Ort repräsentiert wird, hat er im Warehouse-Café-Shop im Westerdeichstricher Ortsteil Stinteck ein Zuhause gefunden. Donnerstags bis Sonntags kann man hier nachmittags Kaffee oder Tee und hausgebackenen Kuchen genießen (niemand sollte das Café verlassen ohne Kays Chocolate-Cookie-Cake zu probieren!), sich mit feinen Bieren erfrischen und natürlich den einen oder anderen Whisky genießen.

Internationale Whiskys, darunter viele deutsche, stehen im Regal und auch eine Menge schottische Flaschen – schließlich entdeckte Kay seine Liebe zum Whisky während seiner Touren durch Schottland.  Und was hier in Stinteck natürlich nicht fehlen darf, das ist Dithmarscher Whisky. Der wird direkt aus dem Fass als „Warehouse only“ serviert und kann auch abgefüllt werden. Zwei kleine unterschiedliche Fässer stehen im Café, als ich dort bin, neben einem Sherryfass auch ein Islayfass dort für ein leicht rauchiges Finish.

Zertifikatkauf oder Warteschlange

Der Kauf einer original abgefüllten Flasche Dithmarscher Whisky ist hingegen gar nicht so einfach. 2021 kam nach vier Jahren das erste Batch heraus und war schon im Vorfeld durch die Vergabe von Zertifikaten ausverkauft. Als im Juli dieses Jahr das zweite Batch herauskam und 222 Flaschen davon nicht im Vorverkauf über Zertifikate verkauft wurden, sondern nur vor Ort, gab es am Release-Day eine lange Schlange vor dem Warehouse-Café. Ruckzuck war der Whisky ausverkauft.

Die Zertifikate für den im Mai 2023 erscheinenden Dithmarscher Whisky Batch 3 sind bereits vergeben, auch von dieser Abfüllung wird es wieder rund 200 Flaschen in Stinteck zu ergattern geben. Der Vorverkauf der Batch-Vier-Anteile läuft bereits auf der Homepage Dithmarscher Whisky – sicher auch nicht mehr lange…

Beim Whisky-Deichspaziergang Wind und Whisky genießen

Hier vor Ort in Westerdeichstrich-Stinteck bietet Kay hin und wieder auch noch etwas ganz Besonderes an: einen Whisky-Deichspaziergang. Als ich mit meinem Mann im Juni einige Urlaubstage an der Nordsee plane und Ausschau halte, was sich in dieser Zeit in der Gegend Interessantes zum Zeitvertreib anbietet, stoße ich auf den Whisky-Deichspaziergang am 26. Juni – passt ja wunderbar. Die Anmeldung erfolgt unkompliziert über eine formlose Email, die Bezahlung dann später vor Ort. Die Sache mit dem Wetter lässt sich nicht im Vorfeld festmachen, manchmal erwischt man es wohl nicht ganz so genial sonnig wie wir an diesem Tag.

Start- und Zielpunkt der kleinen Wanderung ist das Café, dazwischen geht es in gemütlichem Tempo zum Deich. Wir spazieren darauf und daran entlang. Kay erzählt von Whisky, von der Herstellung, von der Küste hier und vom Projekt Dithmarscher Whisky.

Zwischendurch bleibt die kleine Gruppe hin und wieder stehen und schreitet von der Theorie zur Genusspraxis: Kay hat ein paar Whiskyflaschen dabei – schottisch, deutsch, international –  und schenkt aus. Die Auswahl trifft er jeweils nach Lust, Laune, zur Verfügung stehenden Flaschen und sicher nach einigen wissenschaftlich erarbeiteten Algorithmen, die er nicht verrät….

Zurück im Café gibt es dann ein Stück des bereits erwähnten Chocolate-Cookie-Cake, kombiniert mit einem Dram Dithmarscher Whisky aus dem Fass. Dunkelfruchtig-würzig-schokoladig aus dem Sherryfass oder mit phenoliger Note aus dem Islayfass.

Könnte man einen Sonntagnachmittag in Dithmarschen angenehmer verbringen als auf diese Weise beim Deichspaziergang in so kompetenter und sympathischer Begleitung? Also ich kann nur jedem Whiskyfan, der mal dort in der Nähe ist, raten, einen Blick in den Kalender des Dithmarschen Whiskys zu werfen und zu hoffen, dass es terminlich klappt. Idealerweise mit dem Deichspaziergang oder zumindest mit einem Besuch des Warehouse-Cafés.