A Journeyman’s Journey: Jim McEwans Autobiografie

 

In der Whiskyszene ist er ein ungekrönter König und auf einer Messe oder bei einem Tasting persönlich mit ihm zu reden ist für viele wie ein Adelsschlag: Jim McEwan als lebende Legende zu bezeichnen ist sicher nicht übertrieben. Doch bei aller Prominenz, aller fachlichen Kompetenz und seinen beruflichen Erfolgen ist er der Good Guy von nebenan geblieben, der sympathische Unterhalter, dem jeder stundenlang zuhören kann, wie er aus seinem Leben erzählt, von seinen Whiskys, von seinen Leidenschaften oder eigentlich ganz egal wovon.

Erzählt von Jim McEwan, niedergeschrieben von Udo Sonntag

Wenn dann dieser Jim McEwan eine Autobiografie schreibt, so ist ihr große Aufmerksamkeit gewiss. Schreibt?  Nein, eigentlich er hat sie nicht geschrieben, er hat sie erzählt. Udo Sonntag hat das Erzählte für ihn zu Papier oder vermutlich eher auf die Festplatte gebannt. Dabei hat er diese Erinnerungen mit so viel Feingefühl und Worte in Form gebracht, dass man beim Lesen den Jim heraushört. Im Hauptberuf ist Udo Sonntag Religionslehrer, über seine Liebe zum Single Malt Whisky hat er Jim McEwan kennengelernt und sich auf das Wagnis, mit ihm zusammen dieses Buch zu schreiben, eingelassen – sehr erfolgreich, wie ich finde.

„A Journeyman’s Journey – Die Geschichte des Jim McEwan“ ist das, was der Titel verheißt: Eine Reise mit Jim McEwan durch sein Leben. Durch sein berufliches Leben überwiegend, denn wenn auch seine Töchtern in Vorwörtern beeindruckend und gefühlvoll zu Wort kommen, wir in den ersten Kapiteln mit Jims Geburtsinsel Islay und seiner Kindheit dort bekannt gemacht werden und später hin und wieder im Buch ein Schlaglicht auf das Privatleben der McEwans fällt, so ist das Buch doch genau das, was die Leser erwarten: ein Rückblick auf Jim McEwans beruflichen Werdegang, die Stationen seines Wirkens und seine Leidenschaft für den Whisky.

Eine Lebensreise, gewidmet dem Whisky

Und so erfahren wir, wie damals alles begann, als er ins Team der Bowmore Distillery eintrat und von Davy Bell das Küferhandwerk erlernte. Wir erleben seine ersten Schritte als Blender, die ihn auch in E150er-Fettnäpfchen führen und wie aus Bowmores Warehouse #3 das städtische Schwimmbad wird. Wir lesen, wie er den Japanern mit vielen Aaaaaaaahhhhs und Ooooooohhhhhs den Genuss von schottischem Whisky nahebringt und stehen beim Fotoshooting für die Titelseite des Whisky Magazines mit ihm über den Dächern von New York. Wir hören seine Antwort auf Sir John Mactaggerts telefonische Anfrage, ob er nicht Produktionsleiter der wiedereröffnenden Bruichladdich Distillery werden wolle und sind dabei, als der erste Tropfen Bruichladdich New Make in den Spirit Safe tropft. Auch jenen magischen Ort auf der Insel Islay, den er so liebt und an dem er im Nicht-Ruhestand noch hilft, eine neue Brennerei zu bauen, besuchen wir mit ihm.

Auf der Baustelle der Ardnahoe Distillery – Einen persönlichen Bericht von mir findet ihr hier im Blog

 

Die Zeit verfliegt wie im Flug beim Lesen des Buches. Oft finde ich etwas wieder, was ich schon aus Jim McEwans Erzählungen bei der einen oder anderen Gelegenheit kenne, aber es gibt auch viel Neues zu erfahren. Kleine unterhaltsame Nebensächlichkeiten, aber auch Ereignisse, die richtungsweisend für seinen Lebensweg waren. Ergänzt werden die Erzählungen durch viele Fotos aus dem Alltag des Jim McEwan, neben professionellen Fotografien gibt es auch viele Schnappschüsse aus persönlichen Beständen.

Eine kurzweilige, aber gewichtige Unterhaltung

Ihr hört es vermutlich heraus: Ich bin begeistert von A Journeyman’s Journey. Es ist eine Autobiografie, in der ich Jim McEwan wiederfinde, wie ich ihn erlebt habe. Gibt es auch etwas, das meine Begeisterung trübt? Nun ja, fast zwei Kilo Buch (ich habe es auf die Waage gelegt: 1.884 Gramm verkündet sie) – das ist gewaltig. Das Buch beim Lesen längere Zeit frei in den Händen halten, das geht nicht, es sei denn du bist The Rock. Ja, es ist sehr wertig gemacht mit dem Leineneinband und den stabilen Seiten. 528 Seiten, die sehr raumgreifend gestaltet wurden mit viel Mut zur freien Fläche. Die Qualität des Buches ehrt diesen großartigen Menschen, habe ich irgendwo in einer Buchbesprechung gelesen. Ehre, wem Ehre gebührt, aber Qualität muss sich bei Büchern nicht in Seitenzahlen zeigen, denke ich.

Auch der Preis von 68,50 Euro lässt viele vermutlich schlucken. Fans von Jim McEwan wird er nicht davon abhalten, das Buch zu kaufen, aber als Geschenk zum Geburtstag eines Whiskyfreundes beispielsweise scheidet es für die meisten wohl leider aus. „68,5% – so kommt der Spirit in Bruichladdich aus der Brennblase“ ist übrigens eine nette Erklärung, wie sie der Marketingabteilung von Ardbeg würdig wäre… Den Preis mit der hochwertigen Hardware zu rechtfertigen, gelingt mir nur, bis ich sehe, dass schon die ebook-Ausgabe 57,99 Euro kostet.

Hätte ich mir das Buch trotz des Preises gekauft, wenn ich es nicht vom Plassen Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen hätte? Ich denke, ja. Eine Autobiographie von Jim McEwan wird es wohl nur einmal geben. Noch dazu eine so gute.
 


Eine Lesung der besonderen Art

Am 20. April hatte ich auch die Möglichkeit, an der Buchvorstellung durch die Autoren teilzunehmen. Der Plassen Verlag hatte eine Online-Veranstaltung organisiert, die vom Verlagsleiter Sebastian Grebe und von Udo Sonntag moderiert wurde. Neben einer Lesung durch Udo Sonntag standen auch ein kleines Whiskytasting mit einer Schaltung zu Jim McEwan höchstselbst auf dem Programm. Seine Beiträge und Erzählungen waren wie immer mitreißend und unterhaltsam – so wie man es vom Entertainer Jim McEwan kennt.

Herzlichen Dank an den Plassen Verlag, an Udo und an Jim – es war mir ein Vergnügen und eine Ehre dabei zu sein.

Noch einige Rahmendaten zum Buch

A Journeyman’s Journey – Die Geschichte des Jim McEwan
528 Seiten, gebunden
68,50 € (D) –  70,00 € (A)
978-3-86470-747-6, auch als eBook erhältlich
Plassen Verlag, Am Eulenhof 14, 95326 Kulmbach
www.jimsbiography.com