„Braucht Deutschland noch eine weitere Whiskymesse?“ fragten viele, als Wein-Riegger eine Hausmesse in Villingen-Schwennigen ankündigte. Nachdem die „Hall of Angels‘ Share“ jetzt hinter uns liegt, kann die Antwort wohl nur lauten: „Ja!“ Es stimmt schon, die Whiskymessen-Szene in Deutschland scheint in letzter Zeit aus dem Ruder zu laufen und die Vielzahl und auch Überschneidungen von Terminen strapazieren vor allem die Aussteller. Doch der große Besucheranstrom im Schwarzwaldstädtchen zeigte, dass der Südwesten Deutschlands ein Mangelgebiet in Sachen Whiskymesse war.
Wie die Besucherzahlen waren? Nachdem die Türen am Sonntagabend geschlossen waren und es ans Aufräumen ging, zog Geschäftsführer Uwe Lauinger eine durchaus beeindruckende Bilanz: „Wir haben 1900 Besucher am Samstag und 1700 am Sonntag gehabt.“ Ob seine Erwartungen denn damit erfüllt worden seien, frage ich. „Ja! Meine Erwartungen waren, dass alle, die hierher kommen, sich wohlfühlen. Jetzt musst du dir einmal vorstellen, wir haben so etwa 1200 Platze hier drinnen. Und wir haben 1000 Karten im Vorverkauf verkauft. Dann hast du schon so ein Kribbeln: Es stehen 1000 Leute da und dann kommt keiner mehr rein… „
Doch sie kamen alle herein und es verteilte sich überraschend konstant über die beiden Tage. Dass selbst am Sonntag der Andrang so groß war, lag vielleicht am geschickten Timing: Es war verkaufsoffener Sonntag in Villingen. Andererseits war gutes Wetter an beiden Tagen und das wurde letztes Wochenende in Bochum und Mülheim als Grund für mangelnde Besucherzahlen genannt… Und wohlgefühlt, so wie Uwe Lauinger sich das wünschte, haben sich alle, soweit ich es aus Gesprächen und der Stimmung in der Halle beurteilen kann. Ich war diesmal am Stand von Diageo, hatte also die Sicht „von der anderen Seite“, doch ich bekam viele positive Rückmeldungen von den Besuchern und auch von Ausstellern über die Messe zu hören: Überwiegend waren es lokale Besucher, viele aus Villingen-Schwenningen direkt, aus der umliegenden Region, Neuinteressierte, Whiskyeinsteiger, die sich hier einfanden „So was hat uns hier schon lange gefehlt“. Für viele, mit denen ich sprach, war es der erste Besuch einer Whiskymesse überhaupt.
Bei den großen, etablierten Whiskymessen fallen oft die vielen in Clubshirts gekleideten Grüppchen auf, die sich treffen, an den Ständen, den Gängen fachsimpeln oder ihren favorisierten unabhängigen Abfüllern zur Seite stehen. Hier in Villingen war es etwas anders: Ein Whiskyclub war es, der deutlich präsent war, zu erkennen an den schwarzen Poloshirts mit der Aufschrift „Friends of the Riegger’s Selection“ und tatkräftig mit Engagement und Spaß überall in der Halle mit anfasste, aufs Beste durchorganisiert. „Den Whiskyclub haben wir vor einem Jahr ins Leben gerufen,“ erzählte Uwe Lauinger dazu. „Es begann mit einem Stammtisch zu fünft. Mittlerweile sind es rund 100 aktive Mitglieder.“
Kleiner Wermutstropfen im allgemeinen Messeglück waren die verhaltenen Teilnehmerzahlen bei den Tastings. Einige wenige waren gut besucht, am Sonntag wurden aber auch einige mangels Teilnehmern abgesagt. Ob der Grund dafür die Auslagerung in umliegende lokalen Gaststätten war oder vielleicht doch einfach daran lag, dass die Besucher mit dem Angebot von Master Class Tastings an sich einfach noch nichts anfangen konnten, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Die Termine dafür stehen mit dem 24./25. Oktober 2015 und 5./6. November 2016 bereits fest.