Mein Besuch des kleinen sauerländischen Örtchen Kallenhardt an einem sonnigen Julitag steht ganz im Zeichen des Raben. Kallenhardt ist ein Stadtteil von Rüthen und liegt zwischen Möhnesee und Brilon. Hier ist die Sauerländer Edelbrennerei zuhause, in der unter anderem der Thousand Mountains Mc Raven Single Malt Whisky entsteht. Ich kenne ihn bereits seit einigen Jahren und treffe die Mitglieder des Teams regelmäßig auf Messen. Nun habe ich es endlich einmal zur Brennerei geschafft.
Familiensache
Ich bin mit Thomas Lesniowski verabredet, der zum geschäftsführenden Dreigestirn des Unternehmens gehört. Ihm obliegen die Bereiche Marketing und Vertrieb, während Julian Wellhausen Brenner und Produktionsleiter ist und Julius Vosloh sich um IT und Verwaltung kümmert. Ich war mitten in der Urlaubszeit dort und traf leider nicht alle an.
Es ist ein Familienbetrieb, der seinen Ursprung 1999 in einer Reise der befreundeten Familien Wolfkühler und Mülheims durch Obstbrennereien Süddeutschlands nahm. Sehr begeistert waren sie nicht von den Destillaten, die ihnen kredenzt wurden und Ulrich Wolfkühler und Martina Mühlheims beschlossen, es besser zu machen: Eine eigene Brennerei musste her. Im Jahr 2000 erhielten sie das Verschlussbrennrecht und mit Produkten aus der Region starteten die Quereinsteiger ihre Geschichte als Brenner. Was als nebenberufliches Hobby begann, wurde 2007 zum wirtschaftlichen Unternehmen und mit Martina Mühlheims Schwiegersohn Julian Wellhausen als vollzeitlicher Brenner stieg die nächste Generation in den Betrieb ein.
Ein ehemaliges Sägewerk als neues Zuhause des Mc Raven
Zunächst ging es um Obstbrände, der Schritt zum zusätzlichen Whisky zeichnete sich schon kurz danach ab. Bereits 2012 wurde der erste Mc Raven Whisky abgefüllt. Doch erst, als man 2015 neu durchstartete und 2016 aus der kleinen Doppelgarage in das monatelang umgebaute ehemalige Sägewerk umziehen konnte, lief die Produktion so richtig an. 18 Mitarbeiter arbeiten inzwischen in der Produktion und mittlerweile beherbergt das Lagerhaus zwischen 700 und 800 Fässer mit Whisky (und mit Inhalt, der einmal Whisky werden will).
Eine Brennerei hat einen hohen Wasserbedarf, die Sauerländer holen es in geeigneter Qualität durch ein 188-Meter tiefes Bohrloch durch das Millionen Jahre Kalksteinsediment herauf. Das Bohren war ein Wagnis, denn als man begann, wusste man nicht, wann man auf Wasser stoßen würde. Und hätte es die nötige Qualität? Doch sie haben Glück und verfügen über sauberes Wasser, das frei ist von Eisen oder Chloriden. Nur der Kalkgehalt ist etwas hoch, aber den kann man mit einem Ionentauscher in den Griff bekommen.
Eine Schrotmühle und einen Maischbottich sucht man bei der Sauerländer Edelbrennerei vergeblich: Diesen Part überlässt man der nahen Herforder Brauerei, die nach den Wünschen der Brennerei schroten, einmaischen und läutern. Die Würze kommt dann zum Vergären mit dem Tanklastzug in die Brennerei, 25.000 Liter wöchentlich. Zwei 20.000-Liter-Gärtanks besitzen die Sauerländer, die Fermentation dauert 72 Stunden.
Drei Brennblasen des Anlagenbauers Arnold Holstein sind die Eyecatcher der Sauerländer Edelbrennerei. Sie stehen in einem riesigen, lichtdurchfluteten Schauraum. Ein beeindruckendes Bild.
Für den Whisky ist seit dem Start in der neuen Brennerei die 1.200 Liter fassende Konstanze zuständig. Mit der kleinen Lotte mit ihren 200 Litern Kapazität startete man einst in der Doppelgarage. Sie durfte in die neue Brennerei umziehen und ist noch immer aktiv beim Brennen der Obstbrände dabei. Das Hauptgeschäft der Obstbrände leistet seit 2018 die 1.000-Liter-Brennblase Emma.
Lagerhaus im Dunnage-Stil
Der New Make für den Mc Raven ist von sehr süßem, sehr malzigem Charakter, bewusst geprägt durch die Malzmischung, auf der die Maische beruht. Auch stärk geröstetes Malz ist enthalten. Er wird auf 63,5% vol heruntergesetzt, bevor er in die Fässer kommt.
Und dabei gehen die Sauerländer einen ganz eigenen Weg: Nicht in Bourbonfässern vorreifen lassen und dann in andere Fässer umfüllen, wie bei vielen Brennereien üblich, sondern genau andersherum ist das Standardverfahren hier in Kallenhardt. Das erste Jahr verbringt der künftige Thousand Mountains Mc Raven in italienischen Rotweinfässern, dann liegt er zwei Jahre in First Fill Ex-Bourbonfässern. Aromatisch liefert er dann malzige Noten, dunkle Früchte, würzige Eiche, Vanille, Schokolade.
Aber natürlich tummeln sich auch andere Fässer im Lagerhaus, denn neben der Standardabfüllung sollen ja auch weiterhin besondere Editionen herauskommen wie der Mc Raven PX Sherry oder der Double Raven, deren kleine Batches immer schnell vergriffen sind.
Abgefüllt und etikettiert wird ebenfalls gleich hier in Kallenhardt.
Besonders fasziniert mich die Fingerfertigkeit, mit der die Mc-Raven-typischen Kordel verknotet wird. Jede Flasche wird einzeln von Hand mit diesem Band über dem Korken versehen – welch ein Aufwand, aber auch welch ein Hingucker!
Auch Tastingräume und ein Shop mit allen aktuellen Abfüllungen der Brennerei befinden sich in der ehemaligen Sägemühle. Neben Brennereibesichtigungen und Whisky- und Gintastings bietet man in Zusammenarbeit mit der Grillakademie Sauerland auch ganz besondere kulinarische Events an. Die neue Terrasse ist noch nicht ganz fertig, als ich in Kallenhardt bin, das wird sicher ein besonderer Hot-Spot für künftige genussvolle Sommerabende.
Und dann ist noch der Rabe…
Etwas habe ich natürlich noch nachzuliefern, und das ist die Erklärung für den Raben. Wieso Mc Raven, wieso dieser Rabe im Logo und allen Veröffentlichungen? Die bunten Kunstwerke sind Otmar Alt zu verdanken, einem befreundeten Künstler. Beim Nachsinnen über ein mögliches Logo für die Brennerei fiel es ihm eines Tages im wörtlichen Sinn vor die Füße: Ein kleiner Rabe war aus seinem Nest gefallen, der diesen Sturz glücklicherweise überlebte und von Otmar Alt gesundgepflegt wurde. Er nahm den Himmelssturz des Kleinen als Zeichen und der Rabe steht seither für den Thousand Mountains Single Malt Whisky. Für jede Abfüllung erschafft Alt seither ein eigenes kleines Kunstwerk; die Originale schmucken die hohen Räume der Erlebnisbrennerei.
Bleibt mir noch ein dickes Dankeschön zu sagen an Thomas. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast für diese ausgiebige und so informative Führung!