Isle of Raasay Inaugural Release – Premiere im Glas

Der erste Whisky einer neuen Brennerei ist immer etwas Besonderes und auf die Erstausgabe des Isle of Raasay Whiskys habe ich mich sehr gefreut. Ich hatte die Brennerei im Frühjahr 2017 besucht, als sie sich noch im Bau befand und dann wieder im Mai 2019. Durch solche Blicke hinter die Kulissen bekommt man noch einmal eine ganz andere Beziehung zu einem Projekt.

Ich konnte die Flasche des Raasay Whiskys noch zum regulären Preis beziehen, er kam im Dezember mit einem UVP irgendwo bei 125 Euro auf den deutschen Markt. Mittlerweile wird das wohl kaum noch irgendwo möglich sein, die Preise in einigen Shops gingen sofort hoch und mittlerweile ist er vergriffen. Viele dieser Erstausgaben werden als Sammelobjekte ihren Platz in einem Regal finden. Meine nicht, die ist jetzt offen. Allerdings wird sie, wenn sie irgendwann leer ist, sicher nicht im Altglascontainer landen. Nicht, dass ich leere Flaschen sammle, aber diese hier ist vom Design her so besonders und aufwändig gestaltet, dass sie auch leer eine Schönheit ist.

Die eckige Flasche kommt edel wie ein Glasdekanter daher und ist reliefmäßig gestaltet. Die ins Glas eingearbeiteten Abdrücke von Fossilien und Steinen sollen an geologische Gegebenheiten auf der Insel erinnern, ähnlich wie die Gestaltung einer Wand in der Brennerei verschiedene Gesteinsschichten symbolisiert.

Für das Inaugural Release wurde schottische Gerste verwendet, genauer gesagt Concerto, wie das kleine Booklet verrät, das dem Whisky beiliegt. Das Malz wurde getorft. Raasay spricht dem Whisky einen „lightly peated“ Charakter zu, der aber bei einem angegebenen Phenolgehalt von etwa 48ppm doch deutlich wahrnehmbar ausfallen dürfte. Der verwendete Torf stammt aus den Highlands.

Gebatcht wurde die Erstabfüllung aus Whisky aus First-Fill-Tennessee-Whiskyfässern und First-Fill Bordeauxfässern. Mit einem Alkoholgehalt von 52% vol kam der Whisky in die Flaschen, in natürlicher Farbe und ohne Kühlfilterung. Nicht nur Produktion und Lagerung, sondern auch die Abfüllung des Whiskys in die Flaschen fand auf der kleinen Insel Raasay statt.

In den Vorankündigungen der Brennerei war immer von geplanten 7.500 Flaschen die Rede und so ist er auch in der Whiskybase erfasst. In mehreren Shops habe ich aber mittlerweile gelesen, das Batch hätte 9.000 Flaschen umfasst. Auf meine Nachfrage hin antwortete Alasdair Day, Mitbegründer und Managing Director der Raasay Distillery, dass man zunächst von einer Auflage von 7.500 Flaschen ausgegangen sei. Als sich die Nachfrage von Handels- und Exportpartnern als deutlich stärker als vermutet abzeichnete, hatte man zum Vatten die Menge bereits ein wenig erhöht. Dann waren zudem die Verluste durch die Lagerung auch noch geringer als geschätzt gewesen, so dass die Auflage des Inaugural Releases schließlich gegen 9.000 ging.

Meine Tastingnotes zum Isle of Raasay Inaugural Release

Die Farbe würde ich als Bernstein mit leichtem Kupferton beschreiben.

In der Nase begrüßt mich sofort der Rauch, nicht medizinisch, sondern eher wie von einer Zigarre oder einem gelöschten Lagerfeuer. Dazu kommen sehr fruchtige Noten von süß-sauren Beeren. Johannisbeere, reife Stachelbeere. Schattenmorellen vielleicht. Waldhonig. Dann ein frischer Hauch, fast wie Menthol.

Am Gaumen nehme ich zuerst eine vollmundige Süße, Frucht und Malz wahr. Süßes Weingummi. Dann breitet sich Würzigkeit aus wie von kräftigem Rotwein, Karamell bis hin zu Schokolade. Der Rauch kommt auf, überlagert nicht dominant, ist aber deutlich da, sehr angenehm. Ein Hauch von salzigem Lakritz. Das Mundgefühl ist weich, cremig, fast ölig.
Im Nachklang halten sich trockener Rauch und Karamellnoten.

Der Gesamteindruck, den die erste Abfüllung der Isle of Raasay Distillery bei mir hinterlässt, ist äußerst positiv. Komplex, mundfüllend, vielschichtig. Bemerkenswert ist auch, dass keine scharfen, jungen, metallischen Noten stören, dass ich nicht den Eindruck habe, ich hätte einen unfertigen jungen Spirit im Glas. Das Inaugural Release kann durchaus selbstbewusst hinstehen und sich als Whisky präsentieren. Ein junger Whisky, natürlich, aber durchaus ein Genuss, der gespannt sein lässt, wo der Weg des Raasay Whiskys hingeht.