Ardbeg Wee Beastie 5 Jahre – ein halber Ardbeg 10?

Als Moet Hennessy den Ardbeg Wee Beastie vorstellte und ankündigte, diesen 5-jährigen mit einer Preisempfehlung von 37,49 € ins dauerhafte Sortiment aufzunehmen, waren die Diskussionen in den Foren und sozialen Medien vorprogrammiert. Zum einen, weil es ein Ardbeg ist und deshalb generell entweder geschwärmt oder gedisst wird. Zum anderen, weil der Wee Beastie 5 Jahre damit preislich knapp unter dem Ardbeg 10 liegt. „Warum soll ich einen Fünfjährigen kaufen, wenn ich für den Zehnjährigen nur 5 Euro drauflegen muss?“ Ja, warum? Die richtige Antwort auf die meisten Whiskyfragen ist wohl ganz schlicht „Entscheidend ist doch allein der Geschmack“.

Ich habe den Ardbeg 5 Jahre Wee Beastie wie viele andere Fans bereits bei meinem Händler vorbestellt. Mittlerweile erreichte mich ein Vorab-Sample von Moet Hennessy Deutschland, so dass ich mit dem Probieren des Wee Beastie für ein Review nicht mehr warten muss. Und ich dachte mir, es wär doch interessant, den Ardbeg 5 Jahre und den Ardbeg 10 Jahre gegeneinander für einen Test zu verkosten.

Sind sie wirklich so unterschiedlich? Machen fünf Jahre aus einem Monster einen All-Time-Standard? (Monster ist gut… Ardbegs PR-Abteilung hat für den Wee Beastie eine nette Geschichte um ein kleines Monster aus dem Moor gesponnen. Die einzigen gefräßigen Monster, die mir in Schottland immer wieder begegnen, sind die Midges. Und die werden von den Schotten auch manchmal als Wee Beasties bezeichnet – passt also mit einem Augenzwinkern)

 

Die Fassauswahl für die beiden Ardbegs ist unterschiedlich

Aber schon beim Betrachten einiger Infos zu den beiden Ardbegs wird klar, dass ein Vergleich doch sehr hinkt. Es sind nicht nur fünf Jahre Reifezeit, die den Unterschied ausmachen. Dass der Ardbeg Wee Beastie mit seinen 47,4% vol ein bisschen über den 46% vol des Ardbeg Ten liegt, mag nicht allzu sehr ins Gewicht fallen. Die Angaben zu den gebatchten Fässern tun es allerdings schon. Werden für den Ardbeg 10 erst- und zweitbefüllte Ex-Bourbonfässer verwendet, sind es beim Wee Beastie sowohl Ex-Bourbon- als auch Ex-Oloroso-Sherryfässer.

Die unterschiedliche Auswahl der Fässer muss auch der Grund dafür sein, dass der Wee Beastie trotz seiner nur halb so langen Reifezeit einen Hauch dunkler und goldener ist, denn Ardbeg färbt nicht (auf meinen Bildern steht der Wee Beastie immer links). Das Verhältnis der Fässer erfahren wir freilich nicht.

 

Wee Beastie meets Ardbeg 10

Im Glas zeigt der Ardbeg 10 seinen Mix aus süßem Rauch, Phenoligkeit, salziger Schokolade und Zitrusnoten. Am Gaumen geht er langsam auf und hält, was die Nase verspricht. Er spielt mit Anis, Lakritze, Zitrone, gerösteten Mandeln und Fichtennadelseife und hinterlässt langanhaltende Noten von heißem Asphalt und abgestandenem Aschenbecher.

Beim Wee Beastie, der uns als kleines Beast, als Monster aus dem Torf, angepriesen wird, ist die Nase überraschend zurückhaltend – jedenfalls scheint er in Sachen Rauch nicht wahnsinnig „monströser“ zu sein als der Ardbeg Ten. Die Fruchtigkeit des Beasties ist etwas „dunkler“, statt Zitrone eher Birne. Der Unterschied zeigt sich dann am Gaumen. Zuerst vertraut süß-rauchig, öffnen sich die Aromen schlagartig. Die Rauchnoten werden fetter, erinnern mehr an Rauchspeck, erdig-würzige Aromen und salzig-süße tauchen auf …. Lokschuppen… Die Schokoladenoten spielen ins Bittere. Der Nachklang ist enorm trocken, langanhaltend phenolig und leicht metallisch.

Fans ruppiger, fetter Raucher werden begeistert sein, denke ich mal. Für einen genüsslichen Feierabenddram wäre er mir zu unruhig, zu wuchtig. Aber er ist so ein typischer Schietwetter-Whisky – passt zwar gerade nicht so zu unserem Frühlingswetter, aber das ändert sich ja auch wieder.

Übrigens scheint der Ardbeg Wee Beastie heute bei den Fachhändlern eingetroffen zu sein, ich habe entsprechende Posts gesehen. Allerdings gibt es ihn wohl erst einmal in kleinerer Menge als geplant – auch in Schottland sorgen die Corona-Maßnahmen für Störungen der üblichen Abläufe. Das betrifft auch das Abfüllen und Bereitstellen von Whisky. Wir werden es verkraften. Wee-Beastie-Mangel ist gerade nicht unser größtes Problem.

Edit: So, heute ist mein bestellter Ardbeg Wee Beastie auch eingetroffen.  Die Fotomodelle haben sich für euch schön in der Sonne positioniert:

Ardbeg Wee Beastie und Ardbeg Ten - Ein rauchiges Pärchen