Annandale wird die schönste Brennerei der Welt – davon ist jedenfalls Malcolm Rennie, seines Zeichens Master Distiller der im Neuaufbau befindlichen Destillerie, fest überzeugt. Bei einem Rundgang unter seiner Führung konnte ich mich im Mai davon überzeugen, dass diese Meinung nicht (nur) auf der subjektiven Sichtweise eines unmittelbar Beteiligten basiert, sondern durchaus nachvollziehbar ist: Die roten Backsteingebäude haben ein ganz besonderes Flair und scheinen vergangene Zeiten wieder lebendig zu machen.
Es ist keine schnelle, billige Bauweise, für die sich David Thomson und Teresa Church, Initiatoren und Eigentümer des Annandale-Projektes, entschieden haben. Das Beste scheint gerade gut genug zu sein, wenn es um die Materialien sowohl für den Außen- als auch den Innenbereich geht. Wer einmal im Stillhouse oder im zukünftigen Visitorcenter gestanden ist und dort die steinernen Wände, die soliden Holzbalken, die hochwertigen Holzverkleidungen und die auf den Einsatz wartenden Stills und anderen Gerätschaften gesehen hat, der wird sich der beeindruckenden Atmosphäre der „Sleeping Beauty“ nicht entziehen können. Man versucht, soviel wie möglich vom alten Stil der Brennerei aufleben zu lassen, bestehendes Gebäudematerial zu erhalten und wieder aufzubauen und neue Gebäudeteile harmonisch in das Gesamtbild zu integrieren. So wie den Anbau für den gerade erst installierten gasbeheizten Boiler.
Vor ziemlich genau einem Jahr war ich schon einmal hier und Malcolm konnte gerade stolz die frisch gelieferten Stills präsentieren. Noch eingepackt und unpoliert damals. Heute stehen sie in ganzer Pracht da, drei Stück an der Zahl. Nein, Annandale plant keine Dreifachdestillation, man wird mit einem Wash- und zwei Spirit Stills arbeiten.
Dass die alten Stills früher an einer anderen Stelle gestanden haben, davon kann man sich übrigens draußen im Hof mit eigenen Augen überzeugen: Beim Abtragen des alten, eingestürzten Stillhouses wurden die Fundamente sichtbar, auf denen die Brennblasen einst standen. Sie sollen erhalten bleiben und den Innenhof für die Besucher schmücken.
Denn die Besucher hat man beim Bau der Annandale Distillery von Anfang an mit im Blick gehabt: Visitor Center und der geplante Rundweg für die Führungen sind ein zentraler Bestandteil der Planungen. Natürlich soll hier auch hochwertiger Whisky gebrannt werden, aber von Anfang an war klar, dass Besuchertouren und Visitor Center einen maßgeblichen Anteil an den angestrebten Einnahmen haben werden. Und die Lage der Brennerei in der Nähe der M6, über die viele Besucher nach Schottland hinein fahren, und zur Tourihochburg Gretna Green ist vermutlich ein Garant für viele Besucher.
Die hat ein Malcolm Rennie wohl weniger im Blick als es die beiden Eigentümer haben und auch VisitScotland, das ganz begeistert ist von dem Tourismus Potential, das in Annandale steckt. Malcolm, der übrigens auch beim Aufbau der Kilchoman Brennerei als Master Distiller dabei war, will Whisky machen. Nach vier Jahren Bauzeit möchte er endlich Master Distiller sein und nicht mehr Master Destilleriebauer. Es hat Spaß gemacht, meint er, die Brennerei wieder auferstehen zu sehen und Einfluss nehmen zu können auf ihre Gestaltung, aber nun ist es Zeit, dass sie endlich fertig wird. Im September wird es soweit sein, meinte er bei unserem Besuch. Dann soll der erste New Make fließen. Darauf freut er sich und seine Augen strahlen.
Edit: Mittlerweile ist die Annandale Distillery voll in Produktion und ich habe sie zwei Jahre später erneut besucht: Besichtigung der Annandale Distillery.
Wer mehr Infos über das Projekt Annandale Distillery möchte:
Hier geht es zu einem Bericht über die Hintergründe des Projekts, den ich im Dezember 2012 veröffentlicht hatte: Annandale Distillery: Dornröschen ist fast erwacht
Und hier zur Homepage der Annandale Distillery.