Waterford Tinnashrule: Irischer Terroir-Whisky für Deutschland

Mit dem Tinnashrule bringt die irische Waterford Distillery einen ihrer Single Farm Origin Whiskys als „Germany only“- Abfüllung heraus. Über die kommenden Jahre hinweg können wir die Entwicklung dieses Whiskys exklusiv erleben, während Belgien sich dem Mortarstown, Frankreich dem Lacken, die Niederlande dem Wilkinstown und das UK dem Grattansbrook widmen. Die Bezeichnung „Single Farm Origin“ ist dabei Programm, denn das Getreide für die Whiskys kommt von unterschiedlichen Farmen. Grund dafür ist die Fokussierung von Waterford auf das Thema „Terroir“. 

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Hat es einen Einfluss auf den Whisky, wo und unter welchen Bedingungen das verwendete Getreide heranwuchs? Diese Frage beschäftigt Mark Reynier schon seit Jahren. Aufgewachsen mit familiären Wein-Hintergrund (Großvater und Vater arbeiteten als Weinimporteure und -händler) und selbst lange im Weinhandel tätig, ist ihm die Beschäftigung mit Terroir wohlvertraut. Im Weinbau sind Bodenbeschaffenheit, Bodenfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung und andere klimatische und geologische Aspekte von zentraler Bedeutung und niemand zweifelt ihren Einfluss auf den Wein an. Anders im Whiskybereich: Seit Reynier das Thema Terroir auch im Whiskybereich hinterfragt und verfolgt, sorgt er immer wieder für kontroverse Diskussionen.

Schon in der Brennerei Bruichladdich ging Mark Reynier erste Schritte in Sachen Terroir-Betonung – wer immer dachte, die Sache mit „Scottish Barley“ und „Islay Barley“ sei nur eine gelungene Marketingsache, der irrt. Dass es ihm mit der Bedeutung des Terroirs sehr ernst ist, macht Mark Reynier mit dem Konzept seiner Waterford Distillery deutlich, die seit 2015 produziert und aus der ehemaligen Guinness-Brauerei im irischen Waterford entstand.

Für 7,2 Millionen Euro hatte Reyniers Unternehmen Renegade Spirits die Anlage 2014 gekauft; die Fachpresse sprach von einem Schnäppchen, da der Wert deutlich höher eingestuft wurde – man las von 40 Millionen Euro. Aber Reynier musste natürlich noch kräftig investieren, um aus der Brauerei eine Brennerei zu machen. Dass man relativ schnell mit der Produktion beginnen konnte und nicht erst Jahre auf neue Brennblasen warten musste, umging man durch Second-Hand-Stills: Waterford arbeitet mit den alten Brennblasen der Inverleven Brennerei.

Es geht Reynier nicht darum, die Erntemengen oder die Alkoholausbeute durch die Wahl passender Anbaugebiete zu steigern. Ihn interessiert die aromatische Varianz, die im Destillat durch die Verwendung von Getreide wahrzunehmen ist, das auf unterschiedlichen Äckern angebaut wurde. Und so arbeitet er mit einer Vielzahl an Farmern zusammen, deren Gerste getrennt gemälzt und weiterverarbeitet wird. Über die verschiedenen Farmen und die Beschaffenheit des Bodens und des Klimas informieren sehr transparente und detaillierte Informationen auf der Webseite der Waterford Distillery.

Jedes Jahr werden 40 Farmen einbezogen

Schon weit über 100 sind es bisher, mit denen Waterford zusammengearbeitet hat, einige davon auch biozertifiziert. Eine Liste findet sich hier auf der Waterford-Website. Jedes Jahr konzentriert man sich aber auf 40 Farmen, mehr lässt sich aus logistischen Gründen nicht umsetzen. Das Malt muss ja schließlich auch getrennt gelagert werden, bis es über das Jahr verteilt verarbeitet wird. Die Lieferung jeder Farm ergibt dann immer rund 200 Fässer. Jedes kleine Detail wird erfasst und so sammelte Waterford pro Farm laut Reynier schon rund 38.000 Datenpunkte. So entstehen ganz genaue Aromenprofile der Destillate.

Natürlich hat die folgende Fassreifung einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung des Destillates, doch wenn man beim Batchen des Whiskys eine identische Zusammenstellung an Fässern verwendet, dann müsste der Unterschied doch wahrnehmbar sein, wenn die Terroir-Theorie stimmt, oder nicht?
Dass dieser Unterschied nicht nur von einigen wenigen besonderen Whiskynasen, sondern auch von normalen Whiskygenießern wie du und ich wahrgenommen werden kann, davon konnte ich mich bei einer Online-Veranstaltung überzeugen, die vom deutschen Importeur Kirsch Import und dem Instagram-Blogger Basti „Whisky Germany“ organisiert wurde und bei der Mark Reynier sein Projekt ausführlich darstellte. Vielen Dank für die Einladung!

Fünf Waterford Single Farm Single Malt Abfüllungen hatten wir in den Gläsern, alle Whiskys sind im gleichen Alter im gleichen Verhältnis aus drei unterschiedlichen Fasssorten gebatcht worden. Und trotzdem zeigt sich ein leichter aromatischer Unterschied. Der eine ist etwas erdiger, präsentiert Noten von feuchtem Heu, der andere hat deutlich mehr Getreide-Aromen, wieder ein anderer ist grasiger oder zitrusfrischer.

Waterford Tinnashrule – Germany Exclusive

Neben Hook Head 1.1, Ballymorgan 1.2, Sheestown 1.2 und Lakefield 1.1 stellte Mark Reynier uns den Tinnashrule 1.1 vor, der für uns in Deutschland von besonderer Bedeutung ist: Tinnashrule ist die Farm, die wir über die kommende Zeit hinweg besonders begleiten werden und deren Abfüllungen für den deutschen Markt bestimmt sind, „Unsere kleine Farm“ sozusagen. Eine schöne Möglichkeit, die Entwicklung eines bestimmten Whiskys zu beobachten.

Über einen Terroir-Code, der jeweils auf den unterschiedlichen Waterford Single Farm Origin Abfüllungen aufgedruckt ist, gelangt man auf der Waterford Homepage auf eine spezielle Seite, auf der sämtliche Infos zum Whisky, den Spezifikationen der Grundstoffe und zur Produktion aufgeführt sind. Auch eine Aufschlüsselung der verwendeten Fässer findet sich dort: 46% First Fill Bourbon, 22% amerikanische Virgin Oak, 15% französische Weinfässer, 17% Vin Doux Naturel sind es bei unserem Tinnashrule 1.1. Genau 31 Fässer sind aufgelistet mit Fassnummer, Inhalt und genauem Ursprung des Fasses. Diese und andere umfangreichen Infos zum Tinnashrule 1.1 finden sich hier auf dieser Seite.

Wie alle Editionen wurde auch dieser dreijährige Single Farm Whisky (genauer gesagt ist er 3 Jahre, 8 Monate, 14 Tage) mit 50% vol abgefüllt, nicht kühlgefiltert und auch nicht gefärbt.

Waterford Tinnashrule 1.1 im Glas

Das Aroma des Whiskys ist deutlich vom Getreide geprägt. „Barley in your face“, nennt es Reynier. Ganz so krass erlebe ich es in der Nase zunächst nicht. Da schwingen auch sehr deutliche Zitrusnoten und Honigsüße mit und ich habe auch Anklänge an reife Trauben und an Weißwein. Je länger das Glas aber steht, desto mehr kommt das Getreide durch und darunter entdecke ich Tabak und Würzigkeit. Auch am Gaumen spielt Getreide mit Frucht, aber die Zitrusnoten sind zurückhaltender. Hier sind es eher Pfirsichnoten, auch Orange. Die Getreidenoten gehen in Richtung kräftig gebackenes Brot, Brotrinde. Dunkle Schokolade. Eine angenehme Süße zieht sich durch. Im Finish zeigt sich dann die Eiche und das Mundgefühl wird sehr trocken.

Ein sehr angenehmer, leichter Whisky, der nicht durch zu viel Spicyness erschlagen wird, wie man es manchmal bei jungen Whiskys hat. Hier sollen kräftige Aromen nicht die kurze Reifezeit wettmachen. Finde ich gut und bin gespannt auf die Entwicklung des Tinnashrule.

Auf dem Weg zum Cuvée

Gegen Ende des Online-Events betont Mark Reynier noch, dass diese Single Farm Abfüllungen wichtig sind, um die Möglichkeiten, die Fußabdrücke des Terroirs zu erkunden, um die Geschmacksprofile der Farmen zu erstellen. Das ist die Grundlage, Ziel ist es aber, dieses Wissen um die aromatischen Profile zu nutzen, um die Whiskys optimal zu kombinieren. Von dieser Blendkunst können wir uns dann im Herbst überzeugen, wenn ein Waterford Cuvée aus 23 Single Farm Origins erscheinen soll. Man merkt eben, dass Mark Reynier vom Wein her kommt. Und wie sagte schon Aristoteles? „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.

 

Offenlegung: Vielen Dank an Waterford und Kirsch Whisky für das kostenlose Überlassen des Whiskys. Eine Einflussnahme auf einen möglichen Bericht über den Whisky erfolgte nicht, es ist auch kein Geld geflossen, nur der Whisky. Ich schreibe trotzdem ganz brav Werbung über den Beitrag.