Kinahan’s Irish Whiskey: Innovation in historischen Fußstapfen

Wenn ein neuer irischer Whiskey auf den Markt kommt (was derzeit gar nicht einmal so selten ist), dann bekommen wir auch einen neuen, schönen Namen präsentiert. Meist ist er abgeleitet vom Ort der Brennerei, einem regionalen Merkmal oder dem Namen des Bonders. Beim Kinahan’s Irish Whiskey liegt die Sache ein klein wenig anders. Der Whiskey ist neu, der Name ist es nicht.
Dass Kinahan’s Whiskey den meisten Whiskeyfreunden heute nichts mehr sagt, ist eigentlich verwunderlich, gehörte er doch im 19. Jahrhundert zu den beliebtesten und bekanntesten irischen Whiskeys überhaupt. Doch nach dem Verkauf der letzten originalen Kinahan’s Fässer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geriet Kinahan’s Whiskey in der breiten Öffentlichkeit in Vergessenheit. So knüpft der heutige neue Besitzer der Marke zwar an eine langjährige Familiengeschichte und einen fantastischen Ruf an, muss den Markt aber ganz neu erobern und den Kinahan’s Irish Whiskey neu positionieren.

Ein Neustart der Marke Kinahan’s

Ursprünglich wollte er eine schottische Whiskybrennerei bauen, erzählte Zak Oganian, Managing Director von Kinahan’s, im März in Düsseldorf beim offiziellen Launch-Event des irischen Whiskeys Kinahan’s, zu dem ich auch eingeladen war (vielen Dank an den deutschen Importeur Sierra Madre). Passenderweise hatte man den St. Patrick’s Day für diesen Anlass ausgewählt und die Veranstaltung auf der MS Riverstar stattfinden lassen.

Zak Oganian stammt aus einer Familie, die im Spirituosenbereich tätig ist, aber da ging es bisher immer um weiße Spirituosen. So wurde Zak Oganian erst beim Umhören und Recherchieren in Schottland so richtig bewusst, wie lange es dauern würde vom ersten Planungsentwurf bis zum eigenen schottischen Whisky in seinem Glas, meinte er. Er bekam den Tipp, sich einmal mit irischem Whiskey und dem Thema Bonding, dem Lagern und Blenden fremddestillierten Whiskeys, zu beschäftigen. John Teeling wurde zu einem wertvollen Berater und Vermittler und mit der Übernahme der Marke Kinahan’s gründete Oganian 2014 das Unternehmen Kinahan’s Irish Whiskey.

Die neue Core-Range des Kinahan’s Irish Whiskey

Drei Abfüllungen umfasst die heutige Core Range von Kinahan’s: in der Heritage Collection den Single Malt Irish Whiskey 10 Years und den Small Batch Irish Whiskey und dann in der experimentellen Linie den KASC Project Irish Whiskey. Special Releases ergänzen diese dauerhaften Angebote.
Die ersten beiden präsentieren sich bewusst als traditionelle irische Whiskeys (fein und mild, geprägt von Apfel-, Zitrus- und Pfirsicharomen, von Vanille und Sahnebonbons das Small Batch, mehr von tropischen Früchten und Schokolade der 10-jährige). Sie werden aus Whiskey geblendet, der bisher aus dem Bestand von John Teeling und einigem anderen hinzugekauften gelagerten Whiskey besteht (auch der für künftige Eigenlagerungen gekaufte New Make werde hauptsächlich von Cooleys und Bushmills bezogen, war zu erfahren).

Mit dem KASC Project geht man bewusst ganz neue Wege. Innovation ist das Schlagwort, mit dem man an die alte Kinahan’s Philosophie anknüpfen wolle: Eigene Wege finden, einen eigenen Stil entwickeln und kreativ bleiben. Für das KASC Project stellt eine portugiesische Küferei, mit der Kinahan’s zusammenarbeitet, Hybrid-Fässer her, deren Dauben jeweils aus fünf verschiedenen Hölzern bestehen: Portugiesische, amerikanische, französische und ungarische Eiche sowieso Kastanie kommen zum Einsatz. So kann einem noch jungen Whiskey zu einem breiten, kräftigen Aromenspektrum verholfen werden, was andere neue Brennereien in letzter Zeit häufig durch Reifung in STR-Fässern erreichen (einer Reifung in jenen „shaved, toasted and recharred“ Rotweinfässern), oder durch das Blenden von Whisky aus unterschiedlichen Fässern. Hier jetzt also nicht in verschiedenen Hölzern gereift und dann geblendet, sondern in ein und demselben Fass den diversen Hölzern ausgesetzt. Ein eigenwilliges Verfahren, dem der Erfolg aber durchaus Recht gibt: Das Ergebnis ist ein sehr würziger Whiskey mit intensiven Aromen von tropischen Früchten, Gewürznelke, Muskatnuss und Holznoten.

Die Geschichte des historischen Kinahan’s LL

Das heutige Unternehmen Kinahan’s Irish Whiskey selbst wurde wie erwähnt erst vor kurzem gegründet, beruft sich aber im Marketing stark auf die Historie der Marke Kinahan’s. Aber wen wundert das? Whisk(e)yfans schauen gerne auf die „gute alte Zeit“ zurück, geschlossene Distilleries werden (manchmal sicher auch zu Recht) idealisiert. Und „seit xxx Generationen in Familienhand“ ist ein ebensolcher Adelsschlag für eine Whiskymarke wie „königlicher Hoflieferant“. Und wir alle lieben schöne Geschichten, oder? Ich erzähle euch zum Abschluss gerne kurz die des „alten“ Kinahan’s:
1779 gründete der Dubliner Daniel Kinahan in der Trinity Street ein Wein- und Spirituosenunternehmen, das schon bald florierte. Nach 40 Jahren war es so stark gewachsen, dass 1819 ein neues Hauptquartier bezogen wurde, ein vierstöckiges repräsentatives Gebäude Ecke Burgh Quay und D’Oliver Street, „Carlisle Building“ genannt nach der nahen Carlisle Bridge. Das Unternehmen firmierte mittlerweile unter dem Namen „Kinahan Son & Smyth“ Hier war nicht nur die Verwaltung untergebracht, hier lagerten und reiften auch große Mengen an Weinen, auch der begehrte Portwein des Unternehmens, Bier und Spirituosen, hier wurde geblendet und abgefüllt. Aber auch weitere Lagerhäuser in Dublin und bald schon in London wurden unterhalten, denn England ein wichtiger Exportmarkt, dem auch der europäische Kontinent, China, Indien, Australien und die Kolonien folgten.

Der Whiskey des Unternehmens wurde als Kinahan’s LL bekannt und so begehrt, dass sich schon bald diverse Trittbrettfahrer einstellten, die ihren Whiskey auch mit diesen beiden Initialen versahen (wer von den Whiskyfans fühlt sich da nicht an die Geschichte des Glenlivet erinnert?). Der Hintergrund dieser beiden Initialen ist eine Geschichte, die auch in der heutigen Kinahan’s-Werbung gerne erzählt wird: Charles Lennox, 4. Duke of Richmond (1764 – 1819,) war ein großer Whiskeyfreund und als er sich ein Fass Kinahan’s Whiskey zur Seite stellen ließ, ordnete er an, es mit den Initialen LL und einer herzoglichen Krone zu versehen. Er war von 1807 bis 1813 Lord Lieutenant von Irland, so dass sich die Entstehung des Namens Kinahan’s LL also auf diese Zeit einschränken lässt.

Als William Bolton, ein ehemaliger Angestellter von Kinahan’s Son & Smyth, sich selbständig machte, seinen Whiskey als „Whiskey of LL flavour“ anpries und die Label seiner Flaschen und die Fässer mit „LL“ versah, ging Kinahan vor Gericht und bekam Recht: „Legal proceedings will be taken under the Merchandise Marks Act 1862 against any person fraudulently making use of the name or trade mark of Kinahan‘ LL or any seal or label issued by Kinahan & Co.“ war in offiziellen Verlautbarungen nach dem Gerichtsurteil zu lesen. Ein eingetragenes Markenzeichen war entstanden.

Auch von höchster adliger Stelle wurde Kinahan’s LL Whiskey übrigens Wertschätzung und entgegengebracht: Sowohl Queen Victoria als auch King Edward machten Kinahan’s zum königlichen Hoflieferanten.

Über vier Generationen hinweg wurden die Geschicke des Kinahan’s von der Familie des Gründers Daniel Kinahan bestimmt: Nach seinem Tod 1827 übernahm sein Sohn Robert Henry die Leitung, gefolgt 1861 von dessen Sohn Edward Hudson, der 1887 den Ritterschlag und das Anrecht auf den Titel Sir erhielt. Die adelige Stellung bescherte ihm den holprig klingenden Namen Edward Hudson Hudson-Kinahan. Er und zwei seiner Cousins gehörten zu den fünf leitenden Direktoren, die das Unternehmen nach der Änderung des Unternehmens zu einer Limited Liability Company im Jahr 1890 leiteten. Ihm folgte nach seinem Tod 1892 sein Sohn nach, der den gleichen Namen trug. Da dieser zu der Zeit aber als Mitglied des königlichen Regiments in Indien diente und nach seiner Rückkehr wegen seiner angegriffenen Gesundheit in Glenville lebte, dürfte er vermutlich wenig zur praktischen Leitung der Firma beigetragen haben.

Doch alle Qualität, aller Erfolg und hochrangige Unterstützung bewahrten auch den Kinahan’s Whiskey schlussendlich in der Folge der rapide sinkenden Nachfrage aufgrund der wachsenden Popularität des Scotch und dem Wegbrechen des amerikanischen Marktes nicht vor dem Schicksal der meisten irischen Whiskeys: Der Kinahan’s Whiskey verschwand vor gut 80 Jahren vom Markt. Nachdem 1911 das Carlisle Building verkauft worden war, übernahm Bagot & Hutton das Abfüllen und den Vertrieb der verbliebenen Whiskeyvorräte für die Firma Kinahan. Nach dem Ausverkauf fusionierte man 1927 zu Bagot Hutton & Kinahan, doch auch dieses Unternehmen wurde dann 1988 aufgelöst.

(Quelle für die geschichtlichen Angaben: Kinahan’s LL: A Forgotten Dublin Whiskey. Jack Kinahan, Dublin Historical Record Vol. 60, No.2)

Zurück zum neuen Kinahan’s Irish Whiskey

Es war das Ende der Ära Kinahan’s – so jedenfalls schien es. Nun also wird der irischen Whiskeymarke ein zweites Leben eingehaucht. Ein alter Name, ein neuer Start, ein neuer Whiskey. Ich persönlich bin an diesem Abend nicht zum großen Fan des würzigen KASC geworden. Ich bin einfach eher der schlichte Typ, der auf fein-elegante Whiskys aus Bourbonfassreifungen steht 🙂 Die beiden anderen Kinahan’s konnten mich aber durchaus von sich einnehmen. Aber Geschmäcker sind unterschiedlich und auf der MS Riverstar gab es viele, die dem KASC einen „Daumen hoch“ gaben – ihr bildet euch also am besten (wie immer) selbst eine Meinung.