Zwei Abfüllungen von Edradour stehen seit kurzem in meinem Regal: The Fairy Flag und der Ballechin 10 Jahre. Beide sind neu auf dem Markt, unterschiedlich sind sie fast wie Tag und Nacht: Der eine deutlich vom Sherry geprägt, der andere vom starken Torfrauch.
In der kleinen Edradour Brennerei nahe Pitlochry wird nicht viel Whisky hergestellt. Was hier im ganzen Jahr produziert wird, schaffen große Brennereien in wenigen Tage. Doch der Besitzer Signatory plant wohl, die Produktion auszuweiten und neben der bisherigen Anlage eine neue Brennerei zu bauen.
Überhaupt tut sich sehr viel in Edradour, seitdem der unabhängige Abfüller 2002 die Brennerei übernahm. Wie beispielsweise also das Release dieser beiden erwähnten Abfüllungen, die ich gestern im Glas hatte. (Und ehe jemand fragt: Nein, den Ballechin habe ich nicht alleine so halbleer getrunken…. 🙂 )
Edradour The Fairy Flag, 15 Jahre
The Fairy Flag von Edradour ist eine Hommage an die Geschichte des Clans MacLeod und seiner Fahne. „The Fairy Flag“ ist ein schottischer Film, der diese Geschichte (frei) erzählt und auf Skye gedreht wurde. Sicher soll das dunkle Layout mit dem historisch anmutenden Schriftbild, den scheinbar zusammengewürfelten Symbolen und Bildern und den gälischen Ausdrücken diesen Faden aufgreifen. Und auf der Rückseite wird diese Geschichte wohl auch erzählt – aber ehrlich gesagt: Liebe Designer, denkt bitte das nächste Mal auch an alle, die ohne Lupe und starkem Licht die Informationen lesen wollen…..
Gut, das Äußere ist das eine, der Inhalt das andere. Acht Jahre Bourbonfässer, sieben Jahre frische Oloroso Sherryfässer – die sehr dunkle Farbe des Edradour Fairy Flag spricht von intensivem Austausch.
Farbe: tiefes Rotbraun; mahagonifarben
Nase: Sherry, Frucht, Pflaume, süß, Malz, brauner Karamell, Alkoholnote
Geschmack: Sehr kräftiger Antritt; Sherryfass deutlich, wärmt sehr; dunkle Früchte, Pflaume, deutliches Holz; Nussschokolade, deutliche Alkoholnote
Nachklang: trocken, lang, warm
Ein warmer Sherrywhisky mit intensivem Fruchtaroma, der vom Antritt bis zum Ende eine starke Alkoholnote rüberbringt. Genau richtig für die trübe Herbstzeit.
Edradour Ballechin 10 Jahre
Torfige Whiskys bringt Edradour noch nicht lange heraus. Nach der Übernahme der Brennerei 2002 durch Signatory begann man im folgenden Jahr mit dem Aufbau dieser getorften Produktlinie unter dem Label Ballechin, das für stark rauchige Whiskys steht (mind. 50 ppm). Vor diesem Ballechin 10 Jahre, der jetzt wohl als Standardabfüllung geführt wird, gab es bereits jüngere Releases, auch einen Ballechin Sauterness Cask und einen Port, die ich aber bisher nicht kenne. Benannt ist diese rauchige Linie von Edradour nach einer kleinen längst geschlossenen Farmdestillerie in der Nähe, in der Überlieferungen zufolge getorftes Malz zur Whiskyherstellung verwendet wurde.
Für den Edradour Ballechin 10 Jahre werden in der Hauptsache Bourbonfässer verwendet, ergänzt durch einen kleinen Anteil an Oloroso Sherry Fässern. Abgefüllt wird mit 45% vol., nicht kältefiltriert und ohne Farbstoffe.
Farbe: blasses Gold
Nase: Rauch, ein Hauch Vanille, leichte Holznote
Aroma: Vanille, Malz. Deutliche Süße und ein sehr starker Torfrauch dominieren. Hier siegen die Bourbonfässer, die Sherryfässer kommen nur wenig zur Geltung; nur ein Anflug von dunklen Früchten ist wahrzunehmen.
Nachklang: trocken, das Aroma an sich hält nur kurz vor, der Rauch „klebt“ auf der Zunge und begleitet einen noch lange. Eine rauchige Erinnerung, die den Edradour Ballechin 10 Jahre zu einem Beschließer des Abends macht – allenfalls ein heftiger Islay wäre danach noch denkbar.
Ein Happening für Freunde des Rauches.