George Dickel Tabasco Barrel Finish – echt jetzt?

Ich sah die Flasche vor ein paar Tagen und stutzte: Tabasco im Whiskyhandel? Nein, es ist gar kein Tabasco, offenbart ein genauerer Blick, auch wenn die Flasche dem bekannten kleinen Würzfläschchen nachempfunden ist. „George Dickel Tabasco Barrel Finish“ heißt das Produkt, was auf einen Whisky schließen lässt, der in Tabasco Fässern reifte. Aber ein Whisky ist es offensichtlich auch nicht – mit 35% vol ist die Alkoholstärke angegeben.

Ein bisschen Recherche im Internet ergibt, dass es sich um eine offizielle Kooperation der beiden Marken George Dickel (im Besitz von Diageo) und McIlhenny Company’s TABASCO handelt. George Dickel Tennessee Whisky (ja, er schreibt sich Whisky und nicht Whiskey) wird in der Cascade Hollow Distillery in Tullahoma aus einer Maische auf der Basis von 84% Mais, 8% Roggen und 8% Gerste hergestellt. Als Tennessee Whisky durchläuft er das Charcoal-Mellow Verfahren. Tabasco kommt aus Louisiana von der bereits erwähnten 9 km² großen Insel Avery, die aus Salzablagerungen gebildet wurde und seit Generationen im Besitz der Familie McIlhenny ist.

Tabasco wird hergestellt aus einer Maische aus ausgereiften rote Chilischoten, die zermahlen werden und vermischt mit Salz, das ebenso wie die Chilischoten von Avery Island stammt. Bis zu drei Jahre reift diese Chilimaische in Fässern. An einer Stelle lese ich von frischen, ausgekohlten Fässern, in einem amerikanischen Blog heißt es, dass es sich meist um Ex-Bourbon-Fässer handelt. Letzteres wäre besonders nett, denn so würde sich durch dieses Finish irgendwie ein Kreis schließen. Nach den drei Jahren wird die Maische unter Zugabe von Branntweinessig zu Tabasco. Sonst kommt nichts weiter hinein in die scharfe Würzsauce.

In diesen von der Chilimaische intensiv geprägten Fässern ruhte nun für 30 Tagen George Dickel Whisky. Doch nach dieser Zeit wird er dann nicht einfach als Tabasco Barrel Finish abgefüllt, zuvor wird er noch aromatisiert mit einer besonderen Essenz: Tabasco wird destilliert und dieses Destillat wird dann mit dem gefinishten George Dickel Whisky geblendet. Das Ergebnis wird herunterverdünnt auf 35% vol und in die stylishen Flaschen abgefüllt, die von der Kooperation der beiden Marken zeugen.

Alles klingt irgendwie sehr strange – macht so ein Produkt Sinn? Kann das schmecken? Oder ist das nicht einfach nur ein netter Marketing-Gag?

Da Tabasco zum Dauergast in unserer Küche gehört und das Leben sonst schon ernst genug ist, sage ich mir „Spaß muss sein“ und kaufe eine Flasche George Dickel Tabasco Barrel Finish.

Was habe ich da also nun vor mir? „Spirituose“ wäre vermutlich die korrekte Bezeichnung, da keine andere Kategorie auf dieses Produkt aus Whisky zutrifft. Allerdings lässt sich weder auf dem Label vorne noch hinten eine solche Verkehrsbezeichnung finden. Nur „made with whisky“ steht ganz klein unten auf dem Frontlabel. Vielleicht liegt es nur an meinen Augen, dass ich die Bezeichnung nicht finde? Wie auch immer die Bezeichnung ist – wie schmeckt dieser Tabasco-Whisky denn nun also?

Tastingnotes George Dickel Tabasco Barrel Finish

Farbe: rotgold

Nase: Bourbon, Karamel, süß-säuerlich, darunter kommt der Geruch von Chili durch… Kennt ihr diese Chili-Gewürzpaste aus Ungarn, die es im Glas und in Tuben gibt? Daran muss ich denken. Süße und Schärfe zugleich signalisiert die Nase. Aber doch – da ist Bourbon im Glas (pardon, Tennessee Whisky)

Am Gaumen: Der erste Eindruck ist… süüüüß. Aber dann… bähm – es brennt. Auf der Zunge, dann strahlt es den Hals hinunter, so wie man es von Chili kennt. Okay, es war irgendwie klar, dass hier mit Schärfe zu rechnen war, aber so stark? Der Maiswhisky lässt sich nicht leugnen, da sind leichte Vanillearomen und deutliche Karamellnoten. Zwei Eindrücke beherrschen den Gaumen ganz deutlich: süß, zuckersüß fast, und scharf. Hin und her schwanken dazwischen die Empfindungen. Das Mundgefühl ist weich, samtig, füllig, aber die Schärfe auf der Zunge lässt mich befürchten, dass ich sicher nicht alle Geschmacksnuancen wahrnehmen kann, weil einige Geschmacksknospen dicht machen.

Nachklang: Die Schärfe wirkt nach, aber erstaunlicherweise brennt sie nicht so nachhaltig wie sonst bei stark mit Chili gewürztem Essen. Die Süße hält sich mindestens genauso lange.

Fazit: Was mich hier am meisten erstaunt, ist gar nicht mal die starke Schärfe, sondern vielmehr die enorme Süße und das fast zuckrige Gefühl im Mund. Wenn man bedenkt, dass an keiner Stelle der Herstellung Zucker zugesetzt wurde und das nur von der Kombination von Maiswhisky und Chilimaische kommt, ist das wirklich sehr erstaunlich.
Wer für scharfe Spirituosen schwärmt (wie beispielsweise solch sehr intensive Tequilas, die mir auf Spirituosenmessen schon eine Zwangs-Verkostungs-Pause wegen Fast-Verätzen der Schleimhäute eingebracht haben), der wird sicher begeistert sein von diesem Dickel Tabasco. Mit gewohntem Whisky-Genuss hat das aber nicht wirklich etwas zu tun. Whisky mit Tabasco Finish – kann man machen, muss man aber nicht…

Aber wie kann – soll – man einen George Dickel Tabasco Barrel Finish dann am besten trinken? Der Hersteller empfiehlt als Shot mit Sellerie-Salz auf dem Glasrand (ach nein, danke, für mich nicht), mit Gurkenwasser oder auf Eis. Ich denke, ich werde ihn zu den Cocktail-Zutaten stellen. Vielleicht eine Bloody Mary damit machen? Eine Variation eines Peat’s Dragon?
Oder vielleicht ergibt er ja auch eine tolle Marinade für ein Stück Grillfleisch oder würzt ein Chili con Carne oder ein Gulasch ganz neu. Nein, ich denke, als erstes wird er saisongemäß bei einer Kürbissuppe zum Einsatz kommen – das klingt reizvoll.