J.J.Corry Irish Whiskey: Comeback des Whiskey Bondings

Ich möchte euch heute Louise McGuane vorstellen, die zusammen mit Mareike Spitzer von Irish Whiskeys in der vergangenen Woche durch ein Online-Tasting einiger ihrer J.J.Corry Irish Whiskeys führte.

Louise ist seit 2015 Whiskey-Bonder. Nein, es ist kein Schreibfehler, es soll nicht Binder oder Blender heißen, sondern wirklich Bonder. Dieser traditionelle Zweig der irischen Whiskeyindustrie hatte seine Hoch-Zeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Whiskey-Bonding war ein absolut gängiges Handwerk, dem viele Händler oder Gastwirte nachgingen: Sie erwarben Whiskey oder New Make von Brennereien, lagerten ihn, finishten nach Belieben und blendeten aus den verschiedensten Fässern dann ihren Whiskey. Das Brennereien selbst auch lagerten und blendeten, war in Irland früher nicht üblich.

Mit dem großen Brennereisterben in Irland ging auch das Ende des Whiskey-Bondings einher. Den kleinen Whiskeymarkt, der den überlebenden Brennereien noch blieb, wollten sie wohl nicht auch noch mit Bondern teilen. Fassverkäufe fanden nicht mehr statt, die Hersteller brachten ihre Whiskeys selbst heraus. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts starb das Whiskey-Bonding aus.

Bekannte Bonder waren beispielsweise Mitchell & Sons, über deren Spot-Whiskeys (Green Spot / Yellow Spot / Red Spot) ich hier einmal berichtet habe und den Pernod Ricard / Irish Distillers wieder zum Leben erweckte. Oder Gilbey’s, deren Label Redbreast wohl jeder Whiskeyfan kennt und das heute ebenfalls unter dem Dach von Irish Distillers zu finden ist.

Gebondet, nicht selbst gebrannt

Dann war da noch J.J.Corry, der an der Westküste Irlands in Kilrush im County Clare in seinem Laden neben Tee, Wein und Rum auch seinen selbst geblendeten Whiskey verkaufte. Nur drei Meilen entfernt ist Louise McGuane auf der Farm ihrer Eltern aufgewachsen. Als sie nach zwanzig Jahren Tätigkeit in der Spirituosenbranche, unter anderem für Diageo, Pernod Ricard und Moet Hennessy, nach Hause kam, gründete sie auf der Farm ihre The Chapel Gate Irish Whiskey Company und wählte J.J.Corry als Markenname für ihren Whiskey aus. Mit dem Gedanken, irgendwann eine eigene Brennerei zu bauen, spielt sie nicht – sie ist Bonderin aus Überzeugung und Leidenschaft.
Ein altes Backsteingebäude der Farm hat Louise in ein Dunnage Warehouse mit offenem Boden aus gestampfter Erde umbauen lassen. Fenster im Warehouse sind für Whiskyfreunde ein recht ungewohnter Anblick, aber Louise betont, dass sie so die Sonneneinstrahlung perfekt zur Unterstützung der Reifung durch die Temperaturunterschiede nutzen kann. Ein großer, freundlicher Blending-Room ist das Herz ihrer Blending-Tätigkeit.

Louise stellt uns (eine Teilnehmerschar von 20 Journalisten und Bloggern) die Räume mit Fotos vor, wer sich von euch auch ein Bild machen möchte, kann sich hier auf ihrer Webseite umschauen.

Eine bunte Palette an Aromen

Und dann geht es natürlich um den Whiskey. Louise fährt da zweispurig: Zum einen reift in ihrem Rackhouse auf der Farm eingekaufter New Make vieler verschiedener Brennereien (etwa 500 Fässer sind es derzeit), zum anderen lagert sie außerhalb noch „a few hundred“ Fässer, die sie mit bereits langjährig gereiftem Whiskey einkaufte. Daraus kann sie als Blenderin nach Herzenslust schöpfen, ohne dass sie, da sie erst 2015 mit ihrem Unternehmen begann, ausschließlich an junge Whiskeys gebunden ist. Nicht nur Single Malt übrigens, auch Grain.
An diesem Abend verkosteten wir drei J.J.Corry Produkte. Genaugenommen waren es nur zwei, das erste im Glas war ein New Make, und zwar ein ganz spezieller.

New Make Glendree

Bei Glendree wird seit 2019 destilliert, bereits vorher haben sich Paul und Lex Loudon, Vater und Sohn, vier Jahre als Brauer auf ihrer Farm betätigt, um sich in diesem Bereich das nötige Wissen und die Erfahrung anzueignen. Ursprünglich sind die beiden Ingenieure und das merkt man ihrer Brennerei an, meint Louise. Die beiden tüfteln fachmännisch an der Brennerei herum und fangen beispielsweise Regenwasser auf, das sie in den Produktionsprozess einleiten. Ihre Farmbrennerei befindet sich nur etwa 40 Meilen von The Chapel Gate entfernt und Louise freut sich, dass sie auch lokalen Whiskey einlagern kann. Ein Fass pro Woche produziert die Glendree Distillery, gehört also zu den ganzen Kleinen im Whiskeybusiness. In Sachen Getreide sind sie nicht nur auf Gerste fokussiert, sie nutzen auch Roggen und andere Getreidesorten. Weizen beispielsweise, aus dem auch der New Make zum überwiegenden Teil produziert wurde, den Louise und vorstellte.

Der Glendree New Make, den wir im Glas haben, wurde zu 80% aus Weizen und zu 20% aus Gerstenmalz hergestellt. 60% vol hatte er zu bieten und er war schon in der Nase sehr weich. Etwas fruchtig, aber auch irgendwie… mandelig? Schokoladig? Und da ist noch irgendwie ein kräutriger Unterton. Am Gaumen dann viel Karamell. Toffee, Noisetteschokolade. Auch irgendwie „erdig“. Sehr weich, fast ölig. Es ist vermutlich der ungewöhnlichste New Make, den ich je probiert habe, er fällt total aus dem Raster „fruchtig / malzig“ heraus, dem sonst fast alle New Makes in verschiedenen Ausprägungen folgen. Es wird sicher spannend sein, den Werdegang des Destillates im Fass zu verfolgen.

The Hanson

Der Zweite im Bunde bzw. im Glase ist an diesem Abend ein Grain Whiskey, geblendet aus Grains unterschiedlicher Brennereien, first fill und second fill Fässer. 70% 10-jähriger Cooley und 30% 4-jähriger Great Northern, erfahren wir so nebenher. Auch The Hanson (der Name geht auf J.J.Corrys Schwiegersohn zurück) wird mit 46% vol abgefüllt.
Sehr fein und hell in der Nase, fast floral.
Am Gaumen Vanille und helle, reife Früchte, die Bourbonfässer haben ihn deutlich geprägt. Etwas Gewürz kommt hervor. Pfeffer? Ingwer? Ein Hauch Röstaromen. Ein schön warmes und sehr weiches Mundgefühl.

Sehr angenehm zu trinken, schön vollmundig und sicher auch ein super Whiskey zum Mixen.

The Gael

Dieser Blended Irish Whiskey ist das Flagschiff der Brennerei. Wir haben Batch 3 des Whiskeys im Glas, den Louise zu 49,5% aus einem Vatting eines 14- und eines 18 Jahre alten Single Malts und zu 50% eines Vattings aus 10 und 4 Jahre altem Grain blendete. Wem da noch 0,5% fehlen: Ein bisschen 29 Jahre alter Single Malt aus einem Ex-Sherry-Butt kommt auch hinzu. 46% vol hat er zu bieten. Die beteiligten Brennereien werden nicht verraten, aber Louise erwähnt eine seeeehr weit nördlich gelegene Destillerie.

Feine Aprikose steigt mir in die Nase, Banane, Zitrusfrucht. Grüner Tee und dann noch etwas, was ich als mineralisch bezeichnen würde. Ganz im Hintergrund fliegt das Aroma immer vorbei, ohne dass ich es recht fassen kann. Kreide?
Am Gaumen dann helle Frucht. Aprikose, gedünsteter Apfel. Wieder ein Hauch Zitrusnoten und dann auch ein bisschen Pfeffrigkeit.

Ein leichter, beschwingter All Day Dram, fruchtig, aromatisch, unkompliziert.

The Gael ist übrigens nach einem Fahrrad benannt, das J.J.Corry erfunden hat, erzählt Louise. Ich muss unbedingt mal danach googeln…

Ein Danke an die Whiskey-Damen

Es war ein absolut informativer und unterhaltsamer Abend, durch den Mareike Spitzer als Importeurin für Deutschland und Louise McGuane sehr kurzweilig und souverän führten, unterstützt übrigens von Product Manger Niamh McMahon. Vielen Dank den drei Ladies, hoffentlich treffen wir uns dann endlich bald mal wieder ganz unvirtuell…