Besuch bei St Kilian Distillers oder: Deutscher Whisky auf schottischen Pfaden

Als der irische Mönch Kilian im achten Jahrhundert das Frankenland in Sachen Missionsauftrag durchwanderte, da hatte er es sich bestimmt nicht träumen lassen, einmal Namensgeber für eine Whiskybrennerei zu sein. In Würzburg starb Kilian zusammen mit seinen Gefährten Kolonat und Totnan den Märtyrertod, wurde später heiliggesprochen und ist heute Schutzpatron der Region Franken und etlicher Städte. Und da die irischen Wandermönche nicht nur für die Verbreitung der christlichen Botschaft, sondern auch für Bekanntmachen des Aqua Vitae bekannt sind, war für Andreas Thümmler „St. Kilian“ der absolut passende Name für seine Whiskybrennerei im fränkischen Rüdenau.

Andreas Thümmler stammt hier aus Rüdenau und als er seinen Traum von einer Whiskybrennerei umsetzen wollte, da erschienen ihm das Gelände und die Räumlichkeiten der ehemaligen Kleiderfabrik hier am Ortseingang geradezu ideal dafür. Hier in dem kleinen Örtchen „am Ende der Straße“ findet sich ein Mikroklima mit genügend Feuchtigkeit und ohne viele Abgase, um eine gute Reifung zu gewährleisten und das Leitungswasser ist von ausgezeichneter Qualität. Etwa 150 Quadratmeter Produktionsfläche stehen zur Verfügung – ausreichend für die Pläne, eine Whiskybrennerei ganz nach schottischem Vorbild und mit schottischem Equipment zu errichten.

Als Planungsfachmann holte sich Thümmler David Hydes ins Boot, einen bekannten Experten aus der irischen Whiskeybranche. Dessen gute Beziehungen zu Forsyths waren überaus hilfreich, als es um den Kauf des Brennerei-Equipments samt kompletter Installation ging, denn der schottische Fachbetrieb für die Einrichtung von Brennereien ist eigentlich über Jahre im Voraus ausgebucht. Ebenfalls von der ersten Stunde an dabei ist Mario Rudolf, in Weihenstephan ausgebildeter Braumeister mit Weiterbildung zum Destillateur in Glendronach, der mich durch seine hochprozentige Arbeitsstätte in Rüdenau führte.


2012 begann der Bau der Brennerei, 2015 floss der erste New Spirit. Als ich die St. Kilian im Herbst 2017 besuchte (sorry, die Bilder schlummerten sehr lange bei mir auf der Festplatte…), lagerte bereits mehr als 100.000 Liter Alkohol in den Fässern der Brennerei. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Fässer, die die Brennerei für die eigene Verwendung vorgesehen hat, aber es befinden sich auch viele kleine Fässer im Lager von St. Kilian. Fässer, die Whiskyfans frisch gefüllt gekauft haben. Whisky im eigenen Fass reifen zu wissen – davon träumen nicht wenige. Aber noch gibt es keinen Whisky, die drei Jahre Wartezeit sind noch nicht um. Inzwischen sind aber bereits drei Batches des „The Spirit of St. Kilian“ erschienen und geben einen ersten Vorgeschmack auf das, was da demnächst kommt – und der ist äußerst vielversprechend!

Machen wir einen kleinen Rundgang durch die St. Kilian Brennerei: Alles beginnt mit der Gerste, die hier regelmäßig angeliefert und in den großen Silos vor dem Gebäude zwischengelagert wird. Das nicht rauchige Malz kommt von der Bamberger Firma Weyermann, das getorfte aus Schottland von Glenesk Maltings. Bei St. Kilian fährt man zweigleisig und entwickelt sowohl eine rauchige wie eine nichtrauchige Whiskylinie.

Mit Mashtun, Washbacks und Pot Stills über Leitungssystemen und Sammelbehälter bis hin zu vielem anderen Equipment, das nötig ist, um aus Malz New Make zu machen, rückte die Firma Forsyths an und baute auf und installierte. Doch auch deutsche Technik floss mit ein, denn bei der Führung der Gärung setzt Mario Rudolf – ganz der deutsche Bierbrauer – auf Temperatursteuerung. So wurden also Kühlungsplatten in die Washbacks eingebaut. Ein Blick in den Kontrollraum könnte vermuten lassen, hier läuft alles computergesteuert ab. Aber weit gefehlt: Die Abläufe und Vorgänge werden auf den Bildschirmen dargestellt und beobachtet, do immer Handarbeit im Produktionsprozess möglich ist, wird sie auch eingesetzt.

Was beim Betrachten der Pot Stills jedem auffällt, der schon schottische Brennereien besichtigt hat: Während die Brennblasen dort frei zugänglich sind, ist hier bei St. Kilian ein gläserner „Tresor“ um die Spirit Still gebaut. Das deutsche Zollrecht versteht unter einer „Verschlussbrennerei“ eben genau dieses: ein absolut abgeschlossenes System überall dort, wo hochprozentiger Alkohol erzeugt und weitergeleitet wird. Das betrifft auch den Spirit Safe, der ebenfalls hinter der Glaswand steht, aber immerhin von außerhalb bedient werden kann. Das zu bauen, war eine Herausforderung und Neuland für Forsyths.

 

Einige Detaildaten habe ich noch für euch, bevor ihr euch an der Bildergalerie erfreuen könnt:

  • Die Mashtun fasst 12.000 Liter, der Treber (the draff) geht wie in Schottland auch an lokale Farmer.
  • Es gibt vier hölzerne Washbacks, jeder umfasst 10.800 Liter. Sie werden, wie erwähnt, aktiv gekühlt, um die Gärtemperatur genau steuern zu können. Etwa 62 Stunden dauert die Gärung.
  • Die Pot Stills wurden von David Hynes ins bestehende Gebäude „hineindesignt“ und sind deshalb etwas gestaucht. Ein steigender Lynearm, der zusätzlich noch mit einem besonderen „Reflux Kondensator“ versehen ist, um das Destillat zu kühlen und den Rückfluss zu erhöhen, sorgt deshalb für eine feine, fruchtige Ausprägung des Destillates.
  • Auch das Sammeln des Destillates (etwa 69% vol) erfolgt verplompt. Es wird, auf 63,5% vol herunterverdünnt, unter Zollaufsicht auf einer Waage in Fässer gefüllt.
  • Etwa 120.000 Liter ist derzeit die jährliche Produktionsmenge. Die 4-fache wäre möglich. Whisky aus Deutschland ist ein Nischenprodukt? Wie es aussieht, muss die Nische in Zukunft wesentlich größer werden 🙂