Zu Besuch in der Finch Whiskydestillerie oder: Die Sharing Angels im Schwäbischen Hochland

Finch 2„Jede Nacht sauft ihr mir fast 100 Liter weg“, meint Hans-Gerhard Fink, Macher des Finch Whisky. Er sagt es augenzwinkernd in herzhaft-schwäbischer Art und meint damit den sogenannten Angels Share, den Whiskyanteil, der bei der Lagerung aus den Fässern entweicht. Die vermeintlichen durstigen Adressaten sind Mitglieder der „Sharing Angels“, eines Clubs spirituosenliebenden Frauen. Nun, wer sich einen solchen Namen wählt, fordert solche Anspielungen natürlich heraus und wir tragen sie mit Fassung. Und mit Vergnügen. Ein Vergnügen, dass sich durch diesen ganzen Tag zieht, der im Zeichen der Besichtigung der Finch-Brennerei steht.

Es ist ein wunderschöner, sonniger Frühlingstag, als wir uns am 6. Mai in Nellingen auf der Schwäbischen Alb treffen. 6 Sharing Angels und 5 männliche Begleiter sind gespannt auf die Brennerei, in der Deutschlands größte Pot Still den Finch Whisky brennt – an 7 Tagen die Woche, mehr als 100.000 Liter im Jahr.

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Finch Whisky: Handgemacht vom Feld bis ins Glas

Die Finch Destillerie schließt sich an den Landgasthof Krone an, den Hans-Gerhardts Frau Eva betreibt. Ihr ist es auch zu verdanken, dass aus dem Landwirt Fink der Finch-Destiller wurde: Ihr familiäres Brennrecht galt es zu nutzen und so begann ihr Mann mit dem Destillieren. Obstbrände zunächst. Aber er ist Landwirt mit Leib und Seele und sein Material ist nun einmal Getreide betont Hans-Gerhard Fink stolz und so brennt er seit 2001 Whisky. Er macht es wie alles, was er anpackt: ganz oder gar nicht. Aus dem Abfindungsbrenner wurde ein Verschlussbrenner und eine große Pot Still folgte der kleinen Brennblase (die noch immer in der Krone in Betrieb ist und Obstbrände und Gin erzeugt).

Als wir nach dem Anschauen eines Videos über die Brennerei und den Finch Whisky dann die Betriebsräume mit den vielen Edelstahltanks, den Maische- und den Gärbehältern und der kupfernen Pot Still mit der nachgelagerten Kolonne besichtigen, ist Brennerin Laura Assenmacher fleißig bei der Arbeit. Sie hat die Brennblase gerade wieder für den nächsten Brand fertig gemacht. Aus der Maische, die sie eingefüllt hat (wie bei den meisten deutschen Whiskybrennereien kommt auch in der Finch Destillerie die gesamte Maische ungeläutert in die Brennblase), wird am Schluss ein hochprozentiges Destillat: 91% vol hat der feine, aromatische New Spirit, auf dessen Reinheit Hans-Gerhard Fink sehr stolz ist. Ebenso stolz wie auf die große Energieeffizienz, mit der seine Brennanlage arbeitet.

Finch Whisky 4Finch Whisky 13„Vom Feld ins Glas“ ist Hans-Gerhard Finks Leitspruch. Auf seinem Gut Aglishardt baut er selbst das Getreide für seinen Finch Whisky an. Mit eigenem LKW fährt er es in eine nahe gelegene Mälzerei, wo es für ihn nach seinen Wünschen gemälzt wird. Single Malt ist der Schwerpunkt der Brennerei, doch auch Grain Whisky oder Raritäten wie Emmer- oder Dinkelwhisky entstehen in der Finch Destillerie.

Ein volles Fasslager mit vielen verheißungsvollen Schätzen

Längst ist der Lagerkeller in der Nellinger Krone zu klein geworden.  Mittlerweile lagern fast 4.000 Fässer mit Finch Whisky in seinem hinzugekauften Lagerhaus, einer riesigen Scheune, die sich wenige Kilometer entfernt von der Brennerei befindet. Auch sie wird angesichts der großen Produktionsmenge des regen Schwaben bereits wieder zu klein. Er ist weiter auf Expansionskurs und plant einen Neubau. Wo? Man wird in Kürze sehen. Nellingen verwehrt ihm weitere Baugenehmigungen und so streckt er die Fühler in andere Richtungen aus. Getreu seinem Motto „think big“ plant Hans-Gerhard Fink nicht nur weitere Lagerhäuser für seinen Finch Whisky, sondern eine ganze Whiskyerlebniswelt, denn die Besucherzahlen betragen jetzt bereits fast 7.000 und steigen.

Unsere Erlebniswelt ist an diesem Nachmittag vor allem das gefüllte Lagerhaus. Bourbonfässer, Sherry- und Portfässer und nicht zuletzt viele Wein-Barriquefässer entdecken wir Sharing Angels beim Gang durch die vollen, engen Reihen mit den Fässern. Hans-Gerhard Fink hat den Engeln wohl mittlerweile die nächtlichen Trinkorgien über seinem Lager verziehen und zeigt sich großzügig. Er zieht mal hier, mal dort Fassproben und überrascht uns mit jungen und älteren Tropfen in beeindruckender Qualität.

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Von einem Genuss zum anderen

Zurück in der Krone ist dann zunächst einmal Abendessen angesagt, um Grundlage zu schaffen für einen anschließenden weiteren Höhepunkt: Ein buntes Finch Whisky Tasting ist angesagt. Hans-Gerhard Fink präsentiert uns seine derzeitigen Whiskyabfüllungen. Mein Favorit ist der Finch Barrique R aus Weizen und Gerstenmalz, der in 6-8 Jahren in Rotwein-Barriquefässern heranreifte. Der Abend ist kurzweilig und unterhaltsam und da in der Krone Zimmer bereit stehen, braucht niemand mehr heimzufahren. Und als wir denken, jetzt machen wir Schluss und verabschieden uns ins Bett, da gibt es noch ein unverhofftes nächtliches Schmankerl: Chefin Eva versorgt ihre Söhne am Lagerfeuer gerade mit Speck und Spiegeleiern und lädt uns ein, uns anzuschließen. Ein schöner Abschluss dieses gefüllten Tages.

Finch Whisky 36Finch Whisky 38Finch Whisky 47Ein ausgiebiges gemeinsames Frühstück setzt dann am nächsten Tag den Schlusspunkt unter dieses Sharing-Angels Treffen beim Finch Whisky. Einen herzlichen Dank an Hans-Gerhard und Eva für die tolle Gastfreundschaft!
Es war nicht das erste Sharing-Angels-Brennereitreffen, denn auch zum Besuch der Schlitzer Brennerei hatten wir bereits einmal eingeladen. Und es wird mit Sicherheit nicht das letzte gewesen sein, denn Deutschland hat noch viele weitere interessante Brennereien zu bieten, die einen Besuch lohnen.