Darf ich vorstellen: Die Schwäbische Whiskybotschafterin Angela V. Weis

Wer sie auf Messen, Tastings oder dem schwäbischen Whisky Walk trifft, sieht sich einer jungen, sportlichen Frau in Jeans und T-Shirt gegenüber. Von formeller Steifheit keine Spur. Und doch ist Angela V. Weis unter dem ehrwürdig und sehr offiziell klingenden Beinamen „Schwäbische Whiskybotschafterin“ mittlerweile weit über die Ländlegrenzen hinweg bekannt. Nachdem ich sie bereits ein paarmal bei Whiskyevents getroffen habe, fand ich es an der Zeit, Angela einmal näher vorzustellen. In einem Interview erzählt sie von sich und ihrer Whisky-Berufung:

Schwäbische Whiskybotschafterin – was für ein beeindruckender Titel! Wie kommt frau zu dieser Ehre?
Angela: Ja, das klingt sehr würdevoll, gell. Ich bin mir der Ehre auch durchaus bewusst und mache eigentlich auch nichts lieber als meine Begeisterung für das Thema „Whisky“ – natürlich auch über unsere eigenen Ländlesgrenzen hinaus – kund zu tun.
Die Ehre erwiesen diesen „Titel zu tragen“ haben mir die Schwäbischen Whisky Brenner selbst – quasi aus erster Hand. Wie das? Ich arbeite ja für den Slow Food Unterstützer-Betrieb „Silberburg am Markt“ in Tübingen.
Mein Chef, Hans-Peter Schwarz, betreibt ein Ladengeschäft am historischen Tübinger Marktplatz – wir führen dort regionale Spezialitäten, sowie die derzeit wohl größte Auswahl an Schwäbischen Whiskys unter einem Dach – wir erweitern unser Sortiment stetig – mittlerweile auch deutschlandweit, was die Whiskys anbelangt.
Das Ladengeschäft besteht bereits seit über 10 Jahren und da steht man natürlich mit den Erzeugern, also den Whisky-Brennern, in engem Kontakt. Zumal wir ja auch – als Förderer der regionalen Whiskykultur – diverse Whisky-spezifische Veranstaltungen ins Leben gerufen haben, die von mir mit organisiert, geleitet oder geführt werden, wie z.B. den Schwäbischen Whisky Walk – oder den „großen Bruder“ den Whisky-Trail, der im Herbst 2014 zum ersten Mal stattfinden wird….ich mache also fast nichts anderes als „Whisky-Botschaften“ … 😉
Ein Gremium, das diesen Titel verleihen würde, ähnlich wie bei der Wahl der Weinkönigin, das gibt es aber bei uns so (noch) nicht.

Sicher gab es für dich auch ein Leben vor dem Whisky. Erzählst du uns kurz, wo du herkommst, aufgewachsen bist und ob du auch etwas „Ordentliches“ gelernt hast?
Angela: Ich bin Zeit meines Lebens Schwäbin, komme ursprünglich aus dem Ostalbkreis und bin dann „zum Studieren“ – Germanistik und Kunstgeschichte – nach Tübingen gekommen.
Ich war schon immer ein ziemliches Landei – und mag meine eigensinnigen Landsleute, die Alb, die Luft, das Produktive das „Schaffige“, dass es hier so viele Tüftler gibt, die immer wieder Großartiges hervorbringen – so auch beim Whisky.
Ich finde es schön, jetzt die Möglichkeit zu haben, dies in die Welt hinaustragen zu können.

© Petra Milde

Als „Studierte“ ab hinter den Tresen – was hat dich dazu gebracht, diesen ungewöhnlichen Berufsweg zu gehen?
Angela: siehe letzte Antwort, ich stehe gar nicht hinterm Tresen, sondern sitze im „Whisky-Büro“ oder „botschafte“ auf Tasting-Veranstaltungen, beim Whisky Walk oder auf dem Whisky Trail….

Heute stehst du für schwäbischen Whisky. Aber wie sah dein allererster Kontakt mit Whisky aus, war das auch ein deutscher Whisky? Welche Erinnerungen hast du an deinen ersten Dram?
Angela: Nee, mein erster Whisky war wahrscheinlich was Kanadisches auf Eis – dazu haben wir Gummibärchen gefuttert und fanden’s cool.
Irgendwie mochte ich das Hochprozentige schon immer. Mein Großvater hatte eine kleine Whiskysammlung – schottische Malts, die Flaschen haben mir schon als Kind gut gefallen. Ich erinnere mich auch gern an diese TV Werbungen von früher, Fernet Branca und dieser große Adler, lang gereiftes aus tiefen Kellern, was man sich gönnt „wenn einem Gutes wiederfährt“ (ok, das war Asbach Uralt – aber die Werbung ist doch spitze, oder?). Mein erster Scotch, ich weiß es ehrlichgesagt nicht mehr. Er muss mich aber gleich überzeugt haben. Mein Freund hat einen schottischen familiären Hintergrund und da sind wir natürlich schon oft dort gewesen, und ganz ehrlich, besseres Whisky-Marketing als es die Schotten machen, gibt es einfach nicht. Und der Deutsche Whisky- ich finde es einfach toll, dass Whisky so ehrlich das wiederspiegelt, wo er herkommt, und dass man sich wie ein Schatzsucher auf die Fährtenlese machen kann und rausschmecken kann, wo und worin der Whisky gelagert wurde und wo und aus welchen Rohstoffen er gebrannt wurde.
Gibt es nicht diesen Spruch: „Whisky birgt ein Geheimnis, den Zauber seines Ursprungslandes“ – stimmt zu 100% 🙂

Auch wenn wir Frauen diese Frage allmählich nicht mehr hören können, muss ich sie dir trotzdem stellen, weil das irgendwie jeder erwartet: Ist es nicht schwer für eine Frau, in dieser Männerdomäne Whisky ernst genommen und als kompetent wahrgenommen zu werden?
Angela: Nö, klar, man muss schon zeigen, dass man was kann und was weiß, aber danach hat man doch als Frau nur nen doppelten Bonus 🙂

© schwaebischer-whisky.com

Whiskyfreaks, die vom schottischen und irischen Malt her kommen, blicken oft recht verächtlich auf den deutschen Whisky herab und nennen ihn geschmacklich völlig daneben. Die deutschen Destillateure hingegen distanzieren sich meist ganz bewusst von den „Ausländern“ und betonen immer wieder, dass sie einen eigenen Weg gehen. Wo siehst du die Hauptunterschiede zwischen deutschem und schottischem/irischem/amerikanischem Whisky?
Angela: Schottischer Whisky ist sehr vielfältig. Nicht jeder Whisky, der aus Schottland kommt ist ein torfiges Rauchmonster von der Insel Islay. Wenn auch viele diese Art von Whisky für das Non Plus Ultra halten – und ich selbst finde ihn auch toll, keine Frage. Aber das Spannende an Whisky ist ja, dass er so vielfältig ist, elegant, geschmeidig, komplex, warm, frisch, fruchtig, süß, ledrig, grasig, rauchig oder gar jodig sein kann. Und ja, um es gleich vorne weg zu nehmen, die Whiskys hierzulande, zumindest im Schwäbischen, sind in der Regel nicht torfig. Torf ist bei uns Mangelware, in Schottland im Überfluss vorhanden. Das spiegelt sich natürlich auch im Whisky wieder und macht ihn zu einem 100% regionalen Produkt. Das ist doch genial! Warum sollte ein Whisky aus dem Ländle nach Torf und Seeluft schmecken? Etwas nachzuahmen würde doch auch dem ganzen Thema und dem ganz besonderen Charme des Produktes Whisky nicht gerecht werden.
Auch hier bei uns gilt, deutschen Whisky kann man nicht über einen Kamm scheren. Ein einheitliches Gewand, welches alle deutschen Whiskys tragen, kann ich bislang nicht erkennen. Das Know-How um’s Brennen, das ist vorhanden. Viele der deutschen Whisky Brennereien kommen aus dem Obstbereich, d.h. sie haben Erfahrung damit Obst zu veredeln und auch die Brenngerätschaften sind vielfach darauf ausgelegt, das spiegelt sich mit einer ausgeprägte Fruchtigkeit durchaus auch in unseren Whiskys wieder.

Hier im Schwabenländle gibt es bereits eine Vielzahl von Whiskybrennern. Wie viele/welche vertrittst du als Schwäbische Whiskybotschafterin? Gibt es da im Ländle noch Potential, wie siehst du die Entwicklung in den nächsten Jahren?
Angela: Na alle, wie der Name schon sagt 🙂  wir haben derzeit rund 30 verschiedene Sorten Schwäbischen Whisky bei uns im Sortiment, und diese präsentiere ich natürlich auch in unseren Veranstaltungen.
In der deutschen Whisky Brenner Szene geht man ja derzeit mit großen Schritten voran. Viele Brennereien springen natürlich auch jetzt noch auf den fahrenden Zug auf. Das Thema Whisky wird auf alle Fälle spannend bleiben, und wer sich mit einem solchen Ehrgeiz und Elan in die Produktion stürzt, wie das hier vielfach gemacht wird, hat doch die besten Chancen Erfolg mit seinen Produkten zu haben.

Und was gehört eigentlich alles zu deinen Aufgaben in Sachen Whiskyjob? Tastings, Verkauf, Whiskywalk oder mehr – erzähl doch mal!
Angela: Zu meinen Aufgaben gehören grundsätzlich die Organisation, Mitentwicklung und Durchführung unserer Whisky-Veranstaltungen.
Das mache ich vom „Whisky-Büro“ aus oder direkt vor Ort auf den jeweiligen Veranstaltungen. Dies sind zum Beispiel der Schwäbische Whiskytag in Tübingen (dieses Jahr am 11.10.2014), dann ist die Durchführung und auch die organisatorische Abwicklung des Schwäbischen Whisky Walks (25 Termine im Jahr) mein Ressort, angefangen von der Buchung bis zur Durchführung der einzelnen Walks. Darüber hinaus veranstalten wir natürlich auch Whisky-Tastings unter meiner Leitung in Tübingen, direkt bei den Brennern in der Destillerie, oder ich werde für Whisky-Tastings in der Gastronomie gebucht. Gemeinsam mit einer Tübinger Krimiautorin halte ich auch ab und an „Whisky & Crime“ Abende, oder man findet mich mit unserer Schwäbischen Whisky Bar auf einer Messe. Mein neuestes „Baby“ wird die Leitung des Schwäbischen Whisky Trails – Rundfahrt im Oldtimerbus von Destille zu Destille – sein. Die Premierenveranstaltung findet statt von Freitag, 26.09.2014 bis Sonntag 28.09.2014 und ich freue mich schon wie verrückt auf diese Tour. Sie wird spitzenmäßig, da bin ich mir sicher!

© schwaebischer-whisky.com
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Stichwort Whiskywalk: Das Thema würde ich gerne nochmal aufgreifen, denn dieses Angebot stößt ja anscheinend auf eine sehr gute Resonanz. Ständig stoße ich irgendwo auf einen Bericht darüber. Was müssen wir uns darunter vorstellen, wie läuft ein Walk ab und wie seid ihr auf die Idee gekommen, so etwas anzubieten?
Angela: Wir wollten das Thema Whisky erlebbar machen, vom Korn auf dem Feld, über die Brennereien und die Reifung hin zum „flüssigen Gold“ im Glas.
Beim Whisky Walk besuchen die Teilnehmer und ich gemeinsam 3 Schwäbische Whisky Brennereien in Owen/Teck. Dort erwartet die Teilnehmer jeweils eine Führung mit unterschiedlichen Schwerpunkten; Fasslagerung, Einmaischprozess und Destillation. Wir sehen zudem 3 unterschiedlich aufgestellte Whisky Brennereien, die Leute dahinter und verkosten die edlen Tropfen des Hauses natürlich auch gemeinsam. Der Weg, den wir zu den Brennereien abwandern, ist gleichermaßen lehrreich wie landschaftlich beeindruckend, es geht mittendurch durch die Streuobstwiesen des Ortes, Ausgangspunkt der vielen noch aktiven Brennereien vor Ort, vorbei an Getreidefeldern wo der Whisky-Rohstoff wächst, im atemberaubenden Biosphärengebiet Schwäbische Alb – eine Genuss-Lehr-Tour.

Vor kurzem war zu lesen, dass du eine Ausbildung zum Edelbrand-Sommelier absolviert hast. Darüber würden wir gerne mehr erfahren: Wo, was, wie lange, warum, wozu……
Angela: Edelbrand-Sommelière Angela V. Weis – ich Whisky-botschafte also nicht nur, sondern kenne mich tatsächlich auch mit heimischen wie internationalen Spirituosen – gerade im Sensorik-Bereich – aus. Das finde ich eine enorme Bereicherung. Gerade weil das Thema Whisky in Deutschland noch ein recht Junges ist, und natürlich auch oftmals internationale Vergleiche herangezogen werden. Eine rein Whisky-spezifische Ausbildung im Sensorik Bereich, gibt es bei uns übrigens (noch) gar nicht.
Der Zertifikats-Lehrgang, welchen ich absolviert habe, wird vom LFI Vorarlberg in Zusammenarbeit mit dem Bildungshaus St. Ulrich südlich von Freiburg angeboten.

Wenn wir den Blick nach vorne richten, wo würde Angela V. Weis sich dann in 10 Jahren gerne sehen, was wünscht sie sich für ihre Zukunft?
Angela: Gesund und munter immer noch das zu tun, was mir am meisten Spaß an meinem Job macht – meine Begeisterung für das Thema weitergeben zu können…… und Weltfrieden 😉

Zum Schluss noch zwei sehr persönliche Fragen: Mir ist klar, dass du jetzt keinen schwäbischen Lieblingswhisky nennen kannst, aber hast du vielleicht einen Lieblingswhisky aus Schottland oder Irland? Und Frage zwei: Verrätst du uns, wofür das V. zwischen Angela und Weis steht?
Angela: Lieblingswhisky ist schwer – ich mag zitruslastige Whiskys gerne, wie Macallan, aber auch Caol Ila…. und vielleicht finde ich ja auch mal einen ganz sanften floralen Whisky mit zartem Veilchenduft … wie „Viola“, das V. in meinem Namen … 🙂

Vielen Dank, Frau Botschafterin, für die Ehre dieses Interviews!

Weiterführende Infos gibt es auf den Internetseiten www.schwaebischer-whisky.com,
www.whisky-walk.de ,

Bilder © schwaebischer-whisky.com