Bulleit Rye und Bulleit Bourbon: Ein ungleiches Pärchen

Bourbon und Rye Whiskey werden von mir recht stiefmütterlich behandelt. Ich gebe unzweifelhaft dem Single Malt den Vorzug, was sicher auch in direktem Zusammenhang mit meiner Liebe für Schottland und den regelmäßigen Besuchen dort steht. Aber ein Blick über den Tellerrand hin und wieder schadet nie und als ich vor einiger Zeit eine Pressemitteilung über einen Relaunch des Bulleit las, habe ich mir den Whiskey näher angeschaut.

Neue Chance für altes Label

Bulleit hat seine Wurzeln bereits im 19. Jahrhundert (wie viele Whiskeys in den USA), so ist es zu lesen auf der Bulleit-Homepage. 1830 begann Augustus Bulleit, Auswanderer aus Frankreich, mit der Produktion kleiner Mengen Whiskey. Der Bourbon, dessen Rezept er ausgetüftelt hatte, blieb 30 Jahre lang auf dem Markt und er verkaufte ihn fassweise bis nach New Orleans. Es war die Zeit der Pioniere, der Frontiers. Auf einer seiner Liefertouren, so heißt es, ist Augustus dann spurlos verschwunden. Damit endete 1860 auch abrupt die Zeit des Bulleit Whiskey. Bis 1987 jedenfalls, denn dann ließ sein Ur-Ur-Enkel Tom Bulleit die Marke wiederauferstehen. 68% Mais, 28% Roggen, 4% Gerstenmalz ist heute das Erfolgsrezept des Bulleit Bourbon, für dessen Herstellung und Vermarktung Tom Bulleit 1997 an Seagrams verkaufte. Damit gehört das Label unter das Dach des Unternehmens Diageo, das in diesem Herbst den Bulleit relaunchte und in einer groß angelegten Marketingkampagne den Bourbon und den auf dem deutschen Markt neuen Bulleit Rye (in der amerikanischen Heimat bereits 2011 released) im Premiumsegment seines Onlineshops alexanderandjames platzierte.

Über Alkoholgehalt, Roggen und Lawrenceburg

Wenn sich auch auf den ersten Blick nichts geändert hat, so fällt doch auf, dass der Bulleit Bourbon jetzt mit 45 % Vol. Alkohol brilliert. In manchen Internetshops sehe ich noch Angebote des 40%-igen Modells. 45% hat auch der Bulleit Straight Rye Whiskey aufzuweisen, mit dem Diageo auf den rasant voranpreschenden Zug der Roggenwhiskys aufgesprungen ist. Eigentlich ist es für die ursprünglich roggenlastige Marke ja ein „Back to the Roots“. Und man hat in Sachen Rye sogar noch kräftig zugelegt: 95 % Roggenanteil, der Rest gemälzte Gerste. Gebrannt werden zwar beide Produkte in Lawrenceburg – doch während der Bourbon in der Four Roses Distillery in Lawrenceburg, Kentucky produziert wird, erblickt der Rye das Licht der Welt in Lawrenceburg, Indiana.

Tasting Bulleit Rye

Mindestens vier Jahre Lagerzeit sind dem Bulleit Rye vergönnt und die bescheren ihm eine satte dunkelgoldene Farbe. Honigsüße, Frucht (Aprikose? Nein, Kirsche) und leichte Holzaromen machen sich in der Nase bemerkbar. Am Gaumen dann intensivere Frucht, ja, Kirsche. Etwas Vanille, aber nicht viel. Sehr trocken und gleichzeitig weich ist der Rye und  sehr würzig. Ist das Zimt? Nelke? Nein, ich kann es nicht recht einordnen. Im Nachklang bleiben die Gewürze lange, begleitet von einem leicht herben Mandelaroma und Eiche.

Tasting Bulleit Bourbon

Hier sind es mindestens sechs Jahre Lagerzeit in frischem, gekohltem Eichenholz und die hinterlassen Spuren. Nicht nur die warme goldene Farbe, sondern auch das typische Vanillearoma, das beim Nosing sofort auffällt. Nussaromen, Eiche – alles sehr mild und weich.  Beim ersten Schluck dann die Überraschung: Gar nicht so vanillig wie befürchtet. Honig ja, ganz leichte Frucht und im Hintergrund die butterzarte Vanille. Der hohe Roggenanteil macht sich bemerkbar oder was ist es, das diesen Bourbon sonst so trocken und würzig macht? Die Vanille bleibt dann im langen Nachklang auch deutlich erhalten. Oder ist es mehr Karamell? Auch ein Hauch von Rauch hält an.  Ich habe den Bulleit Bourbon übrigens nicht stilecht aus einem passenden Glas getrunken (im bereits erwähnten Onlineshop gibt es das neben den beiden Whiskeys auch zu kaufen, aber holla – 12,50 Euro für ein Glas…), sondern bin bei den vertrauten Nosing-Gläsern geblieben.